Wie parlamentarische Anfragen beantwortet werden, hängt auch davon ab, wie sie gestellt werden. Die Ausgaben für Berater dürften deshalb zum Teil höher sein, als aus der Auswertung durch die SPÖ hervorgeht.

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Die Regierung lässt sich externe Expertise mitunter allerhand kosten, wie Anfragebeantwortungen der letzten Monate zeigen. Der SPÖ-Parlamentsklub hat die Antworten der Regierung ausgewertet und zusammengefasst, welche Berater die türkisen Minister seit 2018 mit Aufträgen bedacht haben. Die Liste liegt dem STANDARD vor und zeigt: Eine Nähe zur ÖVP schadet nicht, wenn es darum geht, Aufträge an Land zu ziehen.

Mehr als 100.000 Euro überwies etwa das Bildungsministerium von Heinz Faßmann an ÖVP-nahe Berater. Heidi Glück ließ sich die Etablierung einer Ombudsstelle für Kulturkonflikte und des Zentralmaturaforums mit 61.000 Euro vergüten. Für 48.000 betreute das Campaigning-Bureau von Philipp Maderthaner, als "Kanzlermacher" im Zuge der Kampagne für ÖVP-Chef Sebastian Kurz bekannt, den Facebook-Auftritt des Ressorts.

Dass Maderthaner auch mit dem Landwirtschaftsministerium von Elisabeth Köstinger kooperiert, ist schon länger bekannt.

Auch Jürgen Beilein scheint unter den Köstinger-Beratern auf. Seine zbc3 wurde in der Krise beauftragt, Österreichs "Sichere Gastfreundschaft" zu kommunizieren – Volumen: 22.000 Euro. Beilein steuert die PR-Aktivitäten der ÖVP-Fraktion im Untersuchungsausschuss und sitzt für die Partei im ORF-Stiftungsrat. Bei mehreren schwarzen Ministern fungierte er als Pressesprecher.

Accenture sticht heraus

Im Ressort von Arbeitsministerin Christine Aschbacher ließ die Corona-Krise die Beratungskosten in die Höhe schießen. Grant Thornton Austria Advisory bekam im Sommer gleich zwei Aufträge – jeweils per Direktvergabe – im Umfang von je 90.000 Euro für Unterstützung im Optimierungsprojekt "Corona-Familienhärtefonds". In der SPÖ sieht man auch hier eine Nähe zur ÖVP: Geschäftsführer ist Georg Hans Jeitler, Ehemann der ÖVP-Abgeordneten Carmen Jeitler-Cincelli.

Daneben beschäftigte das Arbeitsressort auch den Beratungsriesen Accenture für insgesamt mehr als 160.000 Euro. Überhaupt zeigt die Auswertung der SPÖ, dass Accenture die größten Regierungsaufträge lukrierte. Insgesamt 916.650 Euro flossen demnach aus türkisen Ministerien an Accenture. Nimmt man die grün-geführten Ressorts dazu, kommt der Beratungskonzern auf Aufträge von mehr als einer Million Euro – davon 450.000 Euro vom Bildungsministerium und 250.000 Euro vom Innenministerium.

Accenture verlängert bei SVS

Accenture hat auch ein Projekt mit der Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen (SVS) laufen. Dieses heißt "SVA 2020" und sollte bis Ende 2020 fertig sein. Die Fusion der Sozialversicherung der Bauern (SVB) mit der SVA zur SVS führt nun aber dazu, dass Accenture weiterhin beraten wird, und zwar auf längere Zeit. Um die zwei Dutzend Accenture-Berater sollen mittlerweile ständig beim Sozialversicherer ihre Arbeit verrichten.

Angeblich gibt es aber nun zwischen Österreichischer Gesundheitskasse und SVS gewisse Meinungsdifferenzen: Die Gesundheitskasse setze bei ihren Projekten auf ihre eigenen Mitarbeiter und andere Berater als die SVS. Diese soll dahinter sein, Accenture verstärkt ins Spiel zu bringen. Zur Erinnerung: Der heutige Chef der SVS, Hans Aubauer, war bis Ende 2014 Geschäftsführer der Accenture GmbH und einer zweiten Tochterfirma.

Grüne Berater für Türkis

Aber nicht nur Großkonzerne und türkise Berater kommen bei ÖVP-Ministern zum Zug. Das Agrarressort etwa beauftragt auch grüne Berater mit einem lukrativen Auftrag: An die Firma Brainbows der ehemaligen grünen Parlamentarierin Monika Langthaler gingen demnach 66.000 Euro für eine Klimastrategie. Aber auch Lothar Lockl, PR-Berater des Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen, der im diesjährigen März in den ORF-Stiftungsrat entsandt wurde, berät das Landwirtschaftsministerium.

Seine Agentur Lockl Strategie gehörte schon vor Türkis-Grün zu den Spitzenverdienern unter Köstingers Beratern. Lockl Strategie und Brainbows berieten im zweiten Halbjahr 2019 das Agrarressort für fast 300.000 Euro. 2018 sind rund 260.000 Euro – mehr als 15 Prozent des ministeriellen Budgets für Öffentlichkeitsarbeit – an die zwei Unternehmen geflossen.

SPÖ-Mandatar Thomas Drozda, der die Serienanfrage gestellt hat, sieht jedenfalls ein Muster bei den türkisen Ministern. Es kämen immer wieder dieselben Berater zum Zug. (Aloysius Widmann, Renate Graber, 20.11.2020)