Es ist nicht mehr zu leugnen – in diesem Land macht sich Querulantentum breit. Dabei hat uns das Wirken der Regierung während der letzten sechs Monate nun sogar einen Weltrekord beschert. In Relation zur Bevölkerung stecken sich mehr Österreicherinnen und Österreicher mit dem Coronavirus an als Einwohner anderer Länder. Ein guter Grund, die amtliche Gesundheitsvorsorge mit derselben anschoberischen Konsequenz weiterzutreiben, was den anschieberischen Draufgaben des Bundeskanzlers erst ihren koalitionären Reiz verleiht, und jedenfalls zeigt, was es heißt, visionäre Gesamtverantwortung zu übernehmen, ohne von fachlicher Ahnung geplagt zu sein.

Es ist Sebastian Kurz sicher nicht leichtgefallen, über seinen türkisen Schatten zu springen und sich anderswo ein Vorbild zu nehmen. Aber die Slowakei? Wenn es wenigstens Ungarn gewesen wäre, da gibt es schon so viele Gemeinsamkeiten, man denke nur an den Geist der Presseförderung da und dort. Aber zugegeben, auch der Gedanke, einfach Massentests diktieren zu können, ohne erst lange über ihren Sinn und ihre Durchführbarkeit nachdenken zu müssen, hat etwas Verlockendes.

Wären da nicht diese Querulanten, die, kaum war der Koalitionspartner gebügelt, mit Einwendungen daherkommen, die noch dazu von virologischem Fachwissen verseucht sind. Es ist die Vorstellung des Kanzlers von einem nationalen Schulterschluss, er schafft an, und die Opposition welkt dahin wie Grünzeug. Und wenn sein Generalsekretär ausrücken muss, um diesem Wunsch nach Submission Nachdruck zu verleihen!

Schul- und Kulturverliebtheit

Es ist ja nicht das erste Mal, dass es gilt, gegen Querulantentum einzuschreiten. So musste er schon beim ersten Lockdown den "Kulturverliebten" zeigen, wo der Basti das Weihwasser holt, als sich diese beschwerten, dass Kirchen offen bleiben durften, Kulturstätten aber geschlossen bleiben mussten. Schon immer umweht Kulturverliebtheit ein Hauch von Sünde, darüber hinaus birgt sie die Gefahr, in Kulturschaffen ausarten zu können, und dann ist es nicht mehr weit bis zur Behauptung, Kultur sei eine Notwendigkeit. Dem war gerade in einem Land, das sich so viel auf sein Nahverhältnis zum Schönen einbildet, ein Riegel vorzuschieben.

Verständlich, dass er die Pandemie zum Anlass nimmt, sich ebenso entschieden gegen die nicht auszurottende Schulverliebtheit zu wenden. Neun Wochen im Frühjahr waren als Anfang endlich ein Schulversuch, der seinen Namen verdient. Dass es diesmal nur drei Wochen sein sollen, lässt sich nur mit den Quertreibereien von Querulanten erklären, die, oft heimtückisch gestützt auf ärztliche und pädagogische Gutachten, das Zusperren der Schulen in die Nähe von politischem Kindesmissbrauch zwecks Vertuschung von Regierungsfehlern rücken. Wie soll man da offen über das Problem der allgemeinen Schulpflicht reden können? Ein Facebook für jedes Kind, den Rest erledigen die Eltern.

Aber einer wird alle Querulanten zum Schweigen bringen, kein Generalsekretär, sondern der Innenminister, der kraft seiner gusseisernen Rhetorik, die über alles triumphiert, außer gelegentlich über den Genitiv, dem politischen Islam in Österreich endlich das Haupt abschlägt. Das Geld hat er schon, der Rest ist nur noch eine Frage der Koordination. (Günter Traxler, 20.11.2020)