Jessica hört am liebsten Lieder der deutschen Rapperin Haiyti.

Foto: Manfred Rebhandl

Jessica ist 26, es geht ihr gut. Sie hört, als ich sie im fünften Bezirk treffe, gerade über Kopfhörer ein Lied der deutschen Rapperin Haiyti: "Eigentlich ist sie Cloudrapperin. Also, eigentlich Trapperin", erklärt sie mir, der ich keine Ahnung habe, wovon sie redet. "Okay, ein österreichischer Vertreter dieser Musik wäre Yung Hurn mit seinem Album 1220", erklärt sie mir weiter. "Den kennen Sie vielleicht? 1220 heißt das Album, weil er ja aus dem 22. Bezirk kommt, alles klar?"

Haiyti aber wäre ihr absoluter Favorite dieser Musikrichtung, weil diese "Deutschrap gerade reformiert. Sie kommt ursprünglich aus Hamburg, lebt aber jetzt in Berlin. Eigentlich kommt sie von der Straße", erklärt Jessica deren Street-Credibility, und ihre Lyrics wären "sehr on point". Die gebürtige Ronja Zschoche habe Kunst studiert, und "ihr Musikvideo für den Song Coco Chanel in der Strache-Villa auf Ibiza gedreht! Und sie ist eine Frau, was sehr untypisch ist für Rap! Und obwohl sie sehr klein ist, hat sie eine unglaubliche Präsenz und Kraft!"

Jessica selbst hat auf der Angewandten in Wien auch Kunst studiert, könnte also unterrichten, will aber nicht, weil "das ganze Scheißschulsytem völlig falsch aufgebaut ist!". Kunst macht die überzeugte Smart-Raucherin trotzdem, und unlängst gewann sie auch den zweiten Preis für ihr Foto Smart Export: Jessie 2020, das einem berühmten Valie-Export-Foto nachgestellt war.

Nebenher arbeitet sie als Verkäuferin von Luxusartikeln im ersten Bezirk, es kommen sehr reiche Menschen zu ihr. "Zum Beispiel welche, die ein zwölf Meter hohes Vorzimmer haben und genug Geld, um sich dafür eine Kopie des Beethoven-Frieses anfertigen zu lassen. Natürlich mit sich selbst darauf." (Manfred Rebhandl, ALBUM, 21.11.2020)