Deutsch zu lernen, das ist, bei Wotan, kein Zuckerschlecken.

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Corona nervt, nervt, nervt ohne Ende. Daher ist es günstig, sich immer wieder aufs Positive zu konzentrieren und sich zum Beispiel darüber zu freuen, dass wir alle (halbwegs) Deutsch können. Könnten wir es nicht, dann müssten wir es lernen, und das ist, bei Wotan, kein Zuckerschlecken. Ich weiß, wovon ich rede.

Der Krisenkolumnist hatte in seinem Leben mehrfach Gelegenheit, "Deutsch für Ausländer" zu unterrichten und dabei selber zu lernen, dass alles, was unsereiner so mühelos hervorsprudelt, dem Unkundigen immense Schwierigkeiten bereiten kann.

Ein Beispiel. Der Fremdling muss lernen, dass einfachen deutschen Zeitwörtern wie singen, treten oder schreiben eine Vielzahl von Partikeln vorangestellt werden kann, die ihnen Myriaden neuer Bedeutungen verleihen. Manche dieser Partikeln wie "be-", "ver-" oder "zer-" sind nicht vom Verb trennbar, andere, wie etwa "ab-" oder "auf-", sind es.

Nehmen wir das Wort "aussaufen" und bilden wir den Aussagesatz "In der Corona-Zeit saufe ich täglich zwei Flaschen Wein aus", dann sehen wir, das "aus" wird vom "saufen" getrennt und landet am Satzende.

Ein hässlicher Satz

Bildet man Sätze mit Modal verben, dann bleibt das "aussaufen" in der Nennform ungetrennt, also "In der Coronazeit kann/ muss/soll ich täglich zwei Flaschen Wein aussaufen." Auch beim Mittelwort der Vergangenheit ("habe ich täglich ... ausgesoffen") bleiben "aus" und "saufen" zusammen.

Natürlich kann man dem Fremdling die Aufgabe erschweren, wenn man im Aussagesatz noch möglichst viele Satzteile zwischen Verb und Partikel hineinschoppt: "In der Corona-Zeit saufe ich täglich zwei Flaschen Wein, die ich im Supermarkt meines Vertrauens um teures Geld gekauft und mühsam nach Hause getragen habe, aus". Ein hässlicher Satz mit einem sogenannten Nachklapp, aber nicht unrichtig.

Anderes Beispiel, zur Vertiefung des Gelernten. Wir nehmen das Wort "auflegen" und bilden den Satz "Andreas legt Pamela eine auf" (abgetrennte Partikel "auf-"). Mit Modalverben: "Andreas will/ kann/möchte Pamela eine auflegen."

Und als abschreckendes Beispiel, ein Schachtelsatz mit Nachklapp: "Andreas legt Pamela, weil er ein ungehobelter alter Tiroler Waldschrat ohne Manieren ist, eine auf." Unschön konstruiert, aber grammatikalisch korrekt. Der Waldschrat inhaltlich auch. (Christoph Winder, 21.11.2020)