Die temporäre Hofer-Filiale in der Seestadt ist voll funktionstüchtig, dennoch wurde auf ein paar "sonst übliche Ausstattungen verzichtet", wie Architekt Georg Herbst erklärt.

Foto: putschögl

In der Wiener Seestadt steht ein Supermarkt, der schon vor seinem Bau ein Ablaufdatum hatte. Denn langfristig ist eine Hofer-Filiale für das Stadtentwicklungsgebiet im 22. Bezirk eigentlich in einem anderen Gebäude geplant, dem Seeparkcampus Ost der Kerbler-Holding, der allerdings noch nicht fertiggestellt ist. Bis dahin, und um für die Seestadt-Bewohner die Wartezeit zu verkürzen, wurde an der Endstation der U-Bahn eine temporäre, voll funktionstüchtige und 730 Quadratmeter große Filiale errichtet. Im November 2019 wurde sie eröffnet und soll längstens drei Jahre an diesem Standort in Betrieb sein.

Ihr Abriss bedeutet aber nicht zwangsweise das Ende für das Gebäude. Denn die gesamte Filiale kann, mit Ausnahme der Bodenplatte, zur Gänze zerlegt und mittels Lkw abtransportiert werden. "Das macht den großen Unterschied zu herkömmlichen Filialen aus. Wo das Gebäude jetzt steht, kann später wieder Wiese gepflanzt werden", erklärt Georg Herbst vom Architekturbüro Malek Herbst, das den Bau geplant hat.

Bau in 14 Wochen

Ein weiterer Unterschied: Das Gebäude besteht aus Holz, genauer gesagt wurde der Markt in Holzmodulfertigbauweise ausgeführt, wodurch die Bauzeit auf nur 14 Wochen reduziert werden konnte. Denn was bei einer temporären Supermarktfiliale auch zählt, ist, dass sie schnell steht. "Wir haben uns gefragt: Wie viel Vorfertigungsgrad können wir maximal erreichen?", erzählt Herbst. Letztendlich hat das ausführende Unternehmen die Fertigteile in der Fabrik produziert, und vor Ort ist "alles wirklich nur mehr zusammengesetzt worden", so Herbst weiter. Genau dieses Prinzip macht es auch möglich, dass das Gebäude anderswo wiederverwendet und "erneut zusammengebaut werden kann", so der Architekt weiter.

Die Energiebilanz bei laufendem Betrieb liegt weit unter der einer Standardfiliale. Einerseits, so Herbst, weil der Baustoff Holz einen guten Dämmwert hat, andererseits weil in dem Gebäude auf "sonst übliche Ausstattungen verzichtet wurde". So gibt es etwa keine umfassende Lüftungsanlage, stattdessen wird über die Fenster gelüftet. "So haben wir versucht, den Strom- und Energiebedarf weitestgehend zu senken, weil wir ja wussten, dass die Filiale nur für einen kürzeren Zeitraum im Einsatz sein wird", sagt Herbst.

Das hat sich auch auf die Baukosten ausgewirkt. Sie waren etwas niedriger im Vergleich zu einer herkömmlichen Filiale. "Wird das Gebäude aber an einem anderen Standort wiederverwendet, egalisiert sich das sofort", erklärt Herbst. Immerhin kosten auch der Ab- und Aufbau sowie der Transport Geld. Das ist aber noch nicht das Ende der Rechnung. Denn auf Dauer, wie beschrieben, ist der Betrieb der Filiale günstiger, was sich wiederum langfristig in niedrigeren Betriebskosten niederschlägt und ebenfalls in die Gesamtkalkulation aufgenommen werden muss. "Die gesamte Bilanz ist sicher sehr gut", so Architekt Herbst.

Versuch für die Zukunft

Ein Projekt, das doch eigentlich auch für weitere Filialen ein Vorbild sein könnte. Das sieht auch Hofer so. Denn die Filiale in der Seestadt ist nicht nur eine temporäre Lösung für diesen Standort, sondern gleichzeitig auch ein Versuch, wie in Zukunft nachhaltig Filialen geplant werden könnten, erklärt Herbst den Hintergedanken.

Supermärkte abbauen und das Land der Natur zurückgeben – in Österreich, dem Land mit den meisten Verkaufsflächen pro Kopf und einer Heerschar an Gewerbeparks und Shoppingcenters, sicherlich keine schlechte Idee.

Die temporäre Hofer-Filiale in der Seestadt ist voll funktionstüchtig, dennoch wurde auf ein paar "sonst übliche Ausstattungen verzichtet", wie ihr Architekt Georg Herbst erklärt. (Bernadette Redl, 25.11.2020)