"Im Namen der Republik": Die "Österreich"-Titelseite vom Freitag, 20. November 2020.

Foto: Österreich/epaper

Die "Krone" hat eine Urteilsveröffentlichung von medienhistorisch seltener Größe auf der Titelseite von "Österreich" durchgesetzt. Allein: Die Fellner-Gruppe veröffentlichte sie nur in einem sehr kleinen Teil der Zeitungsauflage – in der Kaufversion, die "Österreich" heißt. Und auch das verdeckt durch einen Umschlag mit Eigenwerbung. "Krone"-Anwalt Michael Rami sieht das als "nicht formgerechte" Veröffentlichung und beantragt Exekution. Das Urteil könnte also noch einmal veröffentlicht werden. "Österreich"-Anwalt Peter Zöchbauer sieht das wiederum anders. Das Urteil müsse nur in "Österreich" und nicht noch zusätzlich in "Oe24" veröffentlicht werden.

"In allen Versionen der Tageszeitung 'Österreich'"

Das Oberlandesgericht Wien untersagt der Fellner-Zeitung gewaltige Reichweitengewinne des Gratistitels "Oe24" aus dem Stand laut Media-Analyse zu behaupten – nur weil die Gratisversion im Juni 2018 von "Österreich" in "Oe24" umbenannt wurde. Das Gericht verbot "Österreich"/"Oe24" zudem zu behaupten, man habe alle Nachrichten online am schnellsten. Auf dem Werbeumschlag der Freitagausgabe für das Onlineangebot schreibt "Österreich"-Macher Niki Fellner nun, zahlende User bekämen "alle Breaking News als Erster aufs Handy".

Das rechtskräftige Urteil des Oberlandesgerichts Wien verlangt die Veröffentlichung seiner Entscheidung "in allen Versionen der Tageszeitung 'Österreich', und zwar in einer Freitagsausgabe, am Titelblatt, ganzseitig".

"Oe24"-Box mit "Österreich"-Logo und der Gratisausgabe vom Freitag ohne Urteilsveröffentlichung.
Foto: fid

Für "Krone"-Anwalt Rami zählt dazu auch die Gratisausgabe, die seit Mitte 2018 offiziell "Oe24" heißt, aber lange danach noch kleiner die Bezeichnung "Österreich" im Titel führte. In der Gratisausgabe am Freitag steht der Titel "Österreich" nicht mehr im Logo. Er hat schon einen Exekutionsantrag eingebracht und kündigt einen weiteren in der Sache an. Das bedeutet, wenn sich das Gericht anschließt, Bußgelder, bis das Urteil auch aus der Sicht des Gerichts formgerecht veröffentlicht wird.

"Österreich"-Anwalt Peter Zöchbauer hält auf STANDARD-Anfrage fest, dass das Urteil nur in "Österreich" – nicht auch in "Oe24" – zu veröffentlichen sei.

Kaufausgabe verbreitet 33.400 Exemplare

Die Kaufausgabe unter dem Titel "Österreich" hatte laut Österreichischer Auflagenkontrolle (ÖAK) im Jahresschnitt 2019 eine verbreitete Auflage von 32393 Exemplaren, davon 26.078 Exemplare verkauft. Die Gratisvariante "Oe24" meldete der ÖAK 2019 eine verbreitete Auflage von 509.864 Exemplaren aus – also fast 16 mal mehr.

In dem Urteil ging es originellerweise auch wesentlich um die Gratiszeitung "Oe24" und ihre Reichweitenzahlen laut Media-Analyse.

Nicht 338.000 Leser mehr

In der Urteilsveröffentlichung heißt es, dass "Österreich" künftig die Behauptung unterlassen müsse, dass "Oe24" bereits im ersten Jahr 338.000 neue Leser und damit aus dem Stand eine Reichweite von 4,5 Prozent errungen habe", obwohl die Gratisausgabe der Tageszeitung der Mediengruppe Österreich schon seit Jahren in der Media-Analyse ausgewiesen wird. "Österreich" darf auch nicht mehr behaupten, dass "Oe24" seine Leser um 338.000 habe steigern können.

Der Hintergrund: Die Gratisausgabe von "Österreich" wurde Mitte 2018 in "Oe24" umbenannt und hatte laut Media-Analyse ein Jahr zuvor 324.000 Leser. Die Steigerung betrug also nicht 338.000 Leser, sondern nur 14.000. In der Media-Analyse 2018/19 erreichte die Gratisausgabe "Oe24" eine Reichweite von 4,5 Prozent, die Kaufversion "Österreich" verlor signifikant auf 6,3 Prozent (6,9 Prozent). Beide Versionen zusammen kamen auf 9,3 Prozent.

Auch nicht die Schnellsten

Laut dem Urteil muss die Mediengruppe Österreich es auch unterlassen, "im geschäftlichen Verkehr die Behauptung zu verbreiten, dass oe24.at alle Nachrichten am schnellsten und/oder als Erster veröffentlichen würde". Die beklagte Partei muss den Urteilsspruch über diese Klage in "allen Versionen der Tageszeitung 'Österreich' binnen 14 Tagen veröffentlichen". Die "Kronen Zeitung" wird von der Gheneff-Rami-Sommer Rechtsanwälte GmbH vertreten, die Mediengruppe Österreich von Peter Zöchbauer. (omark, fid, 20.11.2020)