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Bereits im März wurde die Möglichkeit der Sonderbetreuungszeit geschaffen. Bis zu drei Wochen lang konnten sich Arbeitnehmer im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber für Betreuungspflichten freistellen lassen. Die Maßnahme galt befristet bis Februar 2021.

Nun soll die Regelung nicht nur verlängert werden, künftig soll es für Eltern auch einen Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeiten geben, wenn die Schulen behördlich geschlossen sind. Am Freitag stand der entsprechende Initiativantrag von Türkis-Grün im Nationalrat auf der Tagesordnung. Am Freitagabend wurde er gegen die Stimmen der Neos beschlossen. DER STANDARD fasst die wichtigsten Fragen und Antworten zusammen.

Frage: Was sind die wichtigsten Neuerungen?

Antwort: Bisher konnten Arbeitnehmer bis zu drei Wochen von der Arbeit freigestellt werden, um ihren Betreuungspflichten nachzukommen. Der Arbeitgeber bekam bisher die Hälfte der Kosten ersetzt. Künftig können Arbeitnehmer bis zu vier Wochen von der Arbeit freigestellt werden, und der Bund ersetzt die gesamten Kosten. Außerdem kommt ein Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit. Die Maßnahme gilt bis Ende des Schuljahrs anstatt – wie bisher – nur bis Februar.

Frage: Wer hat einen Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit?

Antwort: Der Rechtsanspruch gilt für alle Arbeitnehmer, die Kinder bis zum 14. Lebensjahr haben, Menschen mit Behinderung betreuen müssen oder Angehörige pflegebedürftiger Personen sind. Bisher war es so, dass die Sonderbetreuungszeit nur im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber in Anspruch genommen werden konnte. Allerdings gilt der neue Rechtsanspruch nur unter bestimmten Voraussetzungen.

Frage: Gilt der Anspruch während des Lockdowns für alle Eltern?

Antwort: Nein. Sind die Schulen geöffnet, gibt es auch keinen Anspruch. Den gibt es nämlich nur bei geschlossenen Betreuungseinrichtungen. Die Schulen sind aber weiterhin geöffnet, wie die Regierung nicht müde wurde zu betonen. Einen Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit haben Eltern nur dann, wenn die Schule oder Klasse der Kinder behördlich geschlossen wird. Der Arbeitgeber muss unverzüglich informiert werden. Ansonsten bleibt es bei der bisherigen Regelung: keine Sonderbetreuungszeit ohne Zustimmung des Arbeitgebers.

Frage: Und was ist, wenn das Kind in Quarantäne muss, die Schulen aber offen sind?

Antwort: Wenn das Kind in Quarantäne muss, gilt der Anspruch auf Sonderbetreuungszeit auch dann, wenn die Schule weiterhin offen ist. Voraussetzung ist allerdings, dass die Quarantäne behördlich per Bescheid oder telefonisch verordnet wurde. Wird seitens der Bezirksverwaltungsbehörde nicht binnen 48 Stunden ein schriftlicher Bescheid über die telefonisch verfügte Absonderung aus- und zugestellt, endet die telefonisch verkündete Absonderung, heißt es auf der Homepage des Arbeitsministeriums.

Frage: Was bringt der Rechtsanspruch überhaupt, wenn die Schulen im Lockdown weiterhin geöffnet sind?

Antwort: Der Anspruch ist auch für die Zeit nach dem Lockdown wichtig. Wenn an den Schulen die Zeit des Distance-Learnings vorüber ist, wird es trotzdem weiterhin Covid-19-Fälle in Schulen geben. Der Rechtsanspruch gibt Eltern die Möglichkeit, auch kurzfristig zu Hause zu bleiben, wenn Klassen geschlossen oder Kinder in Quarantäne geschickt werden.

Frage: Bringt die Sonderbetreuungszeit Einbußen beim Gehalt?

Antwort: Nein.

Frage: Entstehen für den Arbeitgeber Kosten, wenn ein Mitarbeiter in Sonderbetreuungszeit geht?

Antwort: Nein. "Lassen Sie Ihre Freistellung nicht an der Kostenfrage scheitern", schreibt die Arbeiterkammer (AK) auf ihrer Website. Dem Arbeitgeber entstehen durch die Sonderbetreuungszeit nämlich keine Kosten. Im Gegenteil: AK-Direktor Christoph Klein sieht in der Regelung ein attraktives Modell auch für Arbeitgeber. Weil Betrieben die Kosten ersetzt werden, gleicht die neue Regelung der Kurzarbeit. Wer im Beruf derzeit weniger gebraucht wird, kann ohne Kosten für den Arbeitgeber die Arbeitszeit verkürzen.

Frage: Haben beide Eltern gleichzeitig Anspruch auf Sonderbetreuungszeit?

Antwort: Nein, zugleich geht nicht. Aber Eltern können die Zeit aufteilen. Die Arbeitnehmer müssen alles Zumutbare unternehmen, um die mit dem Arbeitgeber vereinbarte Leistung zu erbringen. Der Anspruch gilt nur, wenn es keine Alternativen gibt. Dass sich ein Elternteil um die Betreuung kümmert, während das andere Elternteil arbeitet, ist zumutbar.

Frage: Soll man die Großeltern fragen, ob sie auf die Kinder schauen können, bevor man um Sonderbetreuungszeit ansucht?

Antwort: Nein. Ältere Menschen zählen in der Pandemie zu den besonders gefährdeten Gruppen und sollten soziale Kontakte so gut es geht vermeiden.

Frage: Für wie lange kann die Maßnahme in Anspruch genommen werden?

Antwort: Jeder Arbeitnehmer kann für insgesamt vier Wochen im Zeitraum von 1. November 2020 bis zum 9. Juli 2021 Sonderbetreuungszeit in Anspruch nehmen. Wobei freilich die Zustimmung des Arbeitgebers notwendig ist, sofern der Rechtsanspruch nicht besteht. Die vier Wochen müssen aber nicht am Stück verbraucht werden. Und sie müssen auch nicht voll ausgeschöpft werden. Man kann die Sonderbetreuungszeit wochenweise, tageweise oder halbtageweise verbrauchen. Ein stundenweiser Verbrauch ist nicht möglich.

Frage: Wird bereits im Sommer in Anspruch genommene Sonderbetreuungszeit von den vier Wochen abgezogen?

Antwort: Nein. Jeder Arbeitnehmer kann zwischen 1. November 2020 und 9. Juli 2021 insgesamt vier Wochen Sonderbetreuungszeit in Anspruch nehmen. Das gilt sowohl für einvernehmlich vereinbarte Betreuungszeit als auch für den Rechtsanspruch. Die Betreuungszeit, die bis zum 31. Oktober in Anspruch genommen wurde, fällt dabei nicht ins Gewicht.

Frage: Verfällt die Regelung irgendwann?

Antwort: Ja. Die Regelung ist Teil des Maßnahmenpakets der Bundesregierung im Zuge der Corona-Pandemie. Der Anspruch gilt nur bis zum 9. Juli 2021. Ob die Maßnahme erneut verlängert wird, hängt davon ab, ob es weitere Infektionswellen geben wird. Experten rechnen nicht damit, dass die Regelung zur Sonderbetreuungszeit über die Corona-Pandemie hinaus verlängert wird. Es gebe genügend Möglichkeiten zur Freistellung vom Beruf.

Frage: Wie viele Arbeitnehmer haben bisher von der Sonderbetreuungszeit Gebrauch gemacht?

Antwort: Laut Zahlen des Arbeitsministeriums, die den Grünen zur Verfügung gestellt wurden, haben im Zeitraum zwischen 16. März und 31. Mai 25.703 Personen einen Antrag auf Sonderbetreuung gestellt, zwei Drittel davon Frauen. (Aloysius Widmann, 20.11.2020)