Hier erhält der erste Proband den Impfstoff der Firma Biontech injiziert, der in einem Projekt namens "Lichtgeschwindigkeit" entwickelt wurde. Tatsächlich könnte dieser Impfstoff noch heuer zugelassen werden und zur Verfügung stehen.

Biontech

An diesem Freitag reicht die deutsche Biotech-Firma Biontech gemeinsam mit dem US-Pharmamulti Pfizer für ihren Impfstoff BNT162b2 die nötigen Unterlagen bei der US-Zulassungsbehörde FDA ein. Ihr Pendant in Europa, die Europäische Arzneimittelagentur (Ema), hat in den letzten Wochen von Biontech und Pfizer bereits laufend die entsprechenden Daten erhalten. Die aktualisierten Wirksamkeitsdaten werden voraussichtlich nächste Woche eingereicht.

Alles, was über diese Zwischenergebnisse bereits am Mittwoch bekannt wurde – 95 Prozent Wirksamkeit und nur die üblichen Nebenwirkungen –, sieht sehr gut aus. Ähnlich gute Ergebnisse lieferte der Impfstoff der US-Firma Moderna, der mit dem Abschluss der Phase-3-Studie rund eine Woche hinter dem Spitzenreiter BNT162b2 liegt. Und auch Moderna will für seinen Impfstoff – so wie jener von Biontech/Pfizer ein RNA-Vakzin – neben der Zulassung bei der FDA auch jene bei der Ema für Europa beantragen.

Die Hoffnung der EU-Spitze

Biontech-Chef Uğur Şahin erklärte jedenfalls bereits am Mittwoch, dass die ersten Menschen in Europa in der zweiten Dezemberhälfte geimpft werden könnten – freilich nur unter der Voraussetzung, dass beim Zulassungsverfahren bei der Ema alles gutgehe. Diese Aussicht bekräftigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Donnerstagabend beim virtuellen EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs. Sie sah die Möglichkeit, dass es in Europa noch vor dem Jahreswechsel zwei zugelassene Impfstoffe geben wird, also jenen von Biontech/Pfizer sowie jenen von Moderna.

Die Staats- und Regierungschefs sind daher von der Kommission aufgefordert, so rasch wie möglich nationale Impfpläne zu erstellen und in Brüssel einzumelden. Wie immer in Fragen der Gesundheit sind für die Umsetzung von Maßnahmen die Mitgliedsstaaten bzw. die Regierungen verantwortlich. Die Zentralbehörde in Brüssel hingegen hat zum Teil erst in den letzten Tagen mit den Impfstoffherstellern Verträge abgeschlossen und die Vakzine für die Mitgliedsländer bestellt und gekauft.

Kolportierte Kosten des Impfstoffs

Mittlerweile gibt es auch Insiderinformationen über die möglichen Kosten: Die EU wolle im Fall einer behördlichen Zulassung 15,50 Euro je Dosis des Impfstoffs BNT162b2 zahlen, sagte eine mit den Verhandlungen vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters. Für 200 Millionen Dosen, die sich die EU gesichert hat, betrage der Preis dann insgesamt 3,1 Milliarden Euro. Sollten auch die weiteren optionalen 100 Millionen Dosen geliefert werden, würde sich die Summe auf 4,65 Milliarden Euro belaufen. Biontech lehnte eine Stellungnahme ab.

"Das mit dem Impfstoff läuft in Brüssel sehr gut", hieß es am Donnerstag aus Regierungskreisen. Es besteht unter den Regierungschefs Einigkeit, dass es keine Bevorzugung einzelner Länder bei der Impfstoffverteilung geben darf. Wer wie viel bekommt, wurde im Grunde bereits geklärt: Die Aufteilung erfolgt nach dem jeweiligen Anteil an der Gesamtbevölkerung, der im Fall Österreichs zwei Prozent beträgt.

Bis zu 70 Prozent bis Herbst 2021

Nach Angaben des Biontech-Chefs Şahin könnte im Falle einer Zulassung ein relativ großer Teil der Bevölkerung vor Herbst kommenden Jahres geimpft werden: "Ich denke, wenn wir wirklich einen guten Job machen, und mit 'wir' meine ich alle Beteiligten – Regierungen, verschiedene Pharmaunternehmen und auch die Impfstoff-Logistiker –, dann könnten wir es schaffen, dass 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung vor Herbst 2021 geimpft werden. Und wenn wir das schaffen, dann können wir einen normalen Winter haben, ohne wieder in den Shutdown zu gehen."

Gegen Impfskeptiker hilft nach Ansicht des Forschers und Firmenchefs nur "Aufklärung, Information und Transparenz". Er könne sich zudem vorstellen, dass "die Diskussionen recht bald aufhören oder zumindest mal nicht mehr so im Vordergrund stehen", wenn die ersten Menschen geimpft wurden und von ihren Erlebnissen berichtet haben. (Thomas Mayer, Klaus Taschwer, APA, 20.11.2020)