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Wenn es die Österreicher nicht können, muss ein Deutscher ausrücken: Teamchef Franco Foda singt die österreichische Bundeshymne korrekt.

Foto: Reuters/LISI NIESNER

Wien – Die "geschlechtergerechte Änderung der Österreichischen Bundeshymne" trat am 1. Jänner 2012 in Kraft. Statt "Heimat bist du großer Söhne" heißt es seit ein paar Jahren "Heimat großer Töchter und Söhne". Aber auch fast neun Jahre nach Inkrafttreten konnten oder wollten die Fußballer des österreichischen Nationalteams nicht die korrekte Passage singen. Davon konnte sich das Publikum vor den TV-Geräten in der jüngsten Länderspielreihe bei den Spielen gegen Luxemburg, Nordirland und Norwegen überzeugen.

Dem Österreichischen Fußballbund (ÖFB) dürfte das laut einem Bericht des Fußballportals 90minuten.at unangenehm sein, denn der Verband habe beim ORF interveniert, bei der "Töchter-Passage" nicht die Spieler zu zeigen, sondern Teamchef Franco Foda mit Ton ins Bild zu rücken. Der Trainer singt die Bundeshymne in der korrekten Version. Der ORF bestreitet allerdings, dass es Einflussnahme auf die redaktionelle Berichterstattung gegeben habe.

Foda ohne Kicker im Hintergrund

Laut Recherchen von 90minuten.at soll es kein Zufall gewesen sein, dass bei den Spielen gegen Nordirland (Sonntag) und gegen Norwegen (Mittwoch) genau zu dem Zeitpunkt, als die Passage mit "Töchter und Söhne" angestimmt werden sollte, Franco Foda eingeblendet wurde. "Der Ton mit den Stimmen der österreichischen Fußballer wurde einfach abgedreht. Kaum war diese Passage vorbei, waren wieder Alaba & Co zu sehen – und natürlich auch wieder der Ton zu hören, wie man bei folgender Audio-Aufzeichnung der gestrigen TV-Übertragung entnehmen kann", schreibt 90minuten.at. Ein Audio-Mitschnitt wurde veröffentlicht – hier zu hören auf Soundcloud. Aufgrund der Corona-bedingt leeren Zuseherränge waren die Fußballer besonders gut zu hören.

ÖFB und ORF bestreiten Absprache

Dass es eine Einflussnahme gegeben habe, bestreiten sowohl der ORF als auch der ÖFB. Iris Stöckelmayr, Pressesprecherin des Fußballverbandes, lässt 90minuten.at ausrichten, dass es zwar vor jedem Länderspiel Austausch mit dem ORF gebe, der ÖFB sei "aber in inhaltliche Entscheidungen in keiner Weise eingebunden bzw. hat keinerlei Einfluss darauf. Das wäre nicht im Einklang mit dem Grundsatz der redaktionellen Unabhängigkeit". Und der ORF: "Es ist üblich beim Absingen der Hymne auch die Trainerbank miteinzubeziehen, der Umschnitt (in dem Fall zu Franco Foda) erfolgt dabei oft an ähnlicher Stelle. Und was den Ton betrifft so folgt dieser bei einer derartigen Liveproduktion immer der Kamera. Grundsätzlich ist festzuhalten: Selbstverständlich gab und gibt es keinerlei Eingriffe in die redaktionelle Unabhängigkeit der ORF-Sportredaktion."

ÖFB: Thema kommt auf die Agenda

Warum es der ÖFB als Österreichs größter Sportverband auch nach über acht Jahren nicht geschafft habe, seinen Kickern die korrekte Hymne beizubringen bzw. sie dafür zu sensibilisieren, wollte 90minuten vom ÖFB wissen. Die Antwort fiel folgendermaßen aus: Aufgrund der derzeit schwierigen Lage gebe es "zeitlich und organisatorisch wenig Spielraum" für Aktivitäten, die abseits des Sportlichen angesiedelt seien: "Angesichts der vielfältigen und durchaus schwerwiegenden Themenlage vor und während des Lehrgangs wurde der klare Fokus darauf gerichtet, die Spieler – neben den sportlichen Analysen – zu den aktuellen Entwicklungen im Mannschaftskader, zur Situation bei den Gegnern und selbstverständlich zum Covid-Präventionskonzept zu informieren. Die anderen geplanten Themen, Aktionen und Programmpunkte wurden allesamt auf das Frühjahr verschoben."

Hoffnung gibt es dennoch, denn: "Der ÖFB bekennt sich voll und ganz zur aktuellen Fassung der österreichischen Bundeshymne und ist sich seiner Vorbildwirkung in der Außendarstellung auch bewusst. In der derzeitigen Lage konnte das Thema jedoch nicht mit oberster Priorität behandelt werden." (red, 20.11.2020)