Am 1. Jänner 2021 darf Viktor Orbán ein Jubiläum feiern. Es wird dann genau zehn Jahre her sein, dass Ungarn den EU-Ratsvorsitz übernahm. Der 2010 gewählte Premierminister ist ein alter Profi, kennt alle Tricks.

Für Ungarn war die EU-Präsidentschaft ein ehrenhafter Job, umso mehr, als es erst 2004 Mitglied geworden war. Seither gehört es in Bezug auf die Landeskleinheit neben Polen zu den größten Nettoempfängern von EU-Subventionen. Bis heute.

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán liebt Schlagzeilen.
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Dennoch setzte Orbán schon 2011 erste Maßnahmen, die gegen EU-Werte und Grundrechte verstießen. Es begann ein permanenter Rechtskrieg: ein EU-Verfahren nach dem anderen, Empörung bei Partnern und in Medien, Verurteilungen durch das EU-Parlament. Orbán genießt das, liebt Schlagzeilen.

Alles gute Zureden durch Parteifreunde half nichts. Seine nationalistischen Ausfälligkeiten wurden nur noch wilder. Ein hoffnungsloser Fall. Das sollte man im Kopf haben, wenn nach der EU-Budgetblockade – Polen ist weicher, verhandlungsbereit – jetzt wieder die Orbán-Empörung hochschwappt. Es hilft leider nichts. Die EU-Verträge sind auf dem guten Willen der Staaten aufgebaut und sehen nicht vor, dass eine Regierung die Gemeinschaft mit allen Mitteln in Geiselhaft nimmt.

Man kann Ungarn nicht ausschließen. EU-Sanktionen sind praktisch undurchführbar. Bleibt nur eines: gesellschaftliche und politische Isolierung dieses Mannes, bilaterale Missachtung. Die EU-Staaten sollten das demonstrativ aussprechen. Und ansonsten cool bleiben. Wenn es wirklich brenzlig wird, ans Geld für Ungarn geht, hat Orbán immer noch eingelenkt. (Thomas Mayer, 20.11.2020)