Es ist bereits der zweite Prozess am Landesgericht Salzburg, bei dem sich Corona-Infizierte wegen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten verantworten müssen.

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Mit Maske und Kapuze erschien der 48-jährige Angeklagte am Freitag vor dem Salzburger Landesgericht. Dem unbescholtenen Kfz-Mechaniker wird von der Staatsanwaltschaft die vorsätzliche Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten vorgeworfen – denn Ende März türmte der Deutsche aus der Covid-Station des Salzburger Landeskrankenhauses, setzte sich in ein Taxi bis nach Freilassing und fuhr von dort mit dem Zug über München nach Hause.

"Ich bin hier, um mich der Verantwortung zu stellen. Wenn ich einen Fehler gemacht habe, dann ist das nicht schön", sagte der Angeklagte am Freitag zu Richter Philipp Grosser. Doch er könne sich weder an die zwei positiven Corona-Tests erinnern noch daran, was die Ärzte zu seinem Zustand gesagt hätten.

Schädel-Hirn-Trauma nach Skiunfall

Der Mann aus Baden-Württemberg stürzte am 13. März beim Skifahren in Saalbach und zog sich ein Schädel-Hirn-Trauma zu. Er wurde zunächst in das Krankenhaus Zell am See eingeliefert und dann wegen Blutungen im Schädel nach Salzburg in die Christian-Doppler-Klinik überstellt. Nach einem positiven Corona-Test wurde er auf die Covid-19-Intensivstation im Uniklinikum verlegt. Als sich sein Zustand besserte, wurde er am 27. März auf die Covid-Normalstation verlegt. Einen Tag später verließ er sein Zimmer am späten Abend, ohne jemandem Bescheid zu sagen.

Erst ab dem Zeitpunkt, als er das Spital verlassen hatte und keine Medikamente mehr eingenommen habe, könne er sich wieder erinnern, sagte der 48-Jährige vor Gericht. "Aus welchem Grund haben Sie das Krankenhaus verlassen?", fragte der Staatsanwalt. "Ein Pfleger sagte zwei Tage hintereinander: 'Was machen Sie denn noch hier?'", schilderte der Deutsche seine Wahrnehmungen. Er hätte zwar Tabletten und Infusionen bekommen, aber Schmerzen oder Symptome habe er nicht gehabt.

Arzt teilte Covid-Diagnose mit

Der behandelnde Arzt sagte als Zeuge aus, dass der Patient leicht sedierende Medikamente und auch Benzodiazepine, also Beruhigungsmittel, bekommen habe. Bei der Visite habe er dem Mann seine Covid-Diagnose mitgeteilt und ihm auch die Hausregeln auf der Station, laut der er das Zimmer nicht verlassen dürfe, erklärt. Auf Nachfrage des Verteidigers sagte der Arzt, dass die Orientierung des Mannes wegen seiner Verletzung beeinträchtigt gewesen sei. Die Desorientierung könne auch ein mögliches Symptom der Corona-Infektion sein. Ansonsten sei er "relativ asymptomatisch gewesen".

Anwalt Markus Kobler wendete in seinem Eröffnungsvortrag ein, dass die Beweise dürftig seien. Dem Akt würden nicht einmal die Testergebnisse beiliegen – was dann schließlich auch zur Vertagung führte, denn der behandelnde Arzt konnte zwar sagen, dass die durchgeführten Tests positiv waren, doch nicht, wie hoch der CT-Wert des Patienten beim zweiten Testergebnis war und ob dieser demnach noch ansteckend war, als er das Krankenhaus verließ.

Richter Grosser vertagte den Prozess, um die Testergebnisse inklusive CT-Wert aus dem Labor zu beschaffen. Der Staatsanwalt stellte zudem den Antrag auf ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten, um zu klären, ob der Gedächtnisverlust auf seine Verletzung zurückzuführen ist. Der Angeklagte stimmte einer Begutachtung per Video zu.

Verurteilung wegen desselben Delikts in der Vorwoche

Bereits in der Vorwoche musste sich ein 29-jähriger Afghane wegen desselben Deliktes vor dem Salzburger Landesgericht verantworten. Er reiste im Oktober trotz eines positiven Covid-19-Tests und einer verhängten Quarantäne mit dem Zug über Salzburg nach Deutschland, um seinen Bruder zu besuchen. Er wurde zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten, davon ein Monat unbedingt, nicht rechtskräftig verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hat gegen das Urteil berufen. (Stefanie Ruep, 20.11.2020)