Swarovski baut am Standort Wattens Personal ab. Manche Familienmitglieder fürchten, dass das nur der Anfang vom Ende des Standorts sein könnte. Beim Unternehmen beruhigt man aber: Die Strukturreformen würden lediglich darauf abzielen, das Unternehmen führbar zu machen.

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Wattens – Der Kristallkonzern Swarovski bleibt weiterhin in unruhigen Gewässern: Nachdem rund 80 Prozent der Gesellschafter Ende Oktober einer Änderung der Unternehmensstruktur zugestimmt haben, greifen die oppositionellen Familienmitglieder in der Kristalldynastie nun zu ersten angekündigten Rechtsmitteln: So seien "mehrere Schiedsgerichtsklagen in Österreich und der Schweiz" eingebracht worden, teilte ein Vertreter eines oppositionellen Familienstamms dem STANDARD und anderen Medien mit.

Zudem sei ein Antrag auf Sonderprüfung beim Landesgericht Innsbruck gestellt worden. Das Vorgehen der Konzernführung werde als Versuch einer "internen feindlichen Übernahme" unter dem Vorwand der Corona-Krise bezeichnet. Die Oppositionellen – zu denen unter anderem Gerhard, Paul, Helmut und Nadja Swarovski zählen – pochen weiter darauf, dass für die Abstimmung über die Struktur Einstimmigkeit erforderlich gewesen wäre, zudem seien die Gesellschafter unvollständig informiert worden.

Zweifel an Rechtswirksamkeit

Auch die Rechtswirksamkeit der Bestellung von Swarovski-CEO Robert Buchbauer werde angezweifelt. Der neuen Konzernführung wirft man einen "aggressiven, rücksichtslosen Stil ohne die geringste Bereitschaft zum Dialog" vor.

Buchbauer hatte in dem Abstimmungsergebnis in der Gesellschafterversammlung vom 30. Oktober einen rechtswirksamen Beschluss gesehen. Laut dem Konzernchef soll eine Familienholding mit Sitz in Wattens geschaffen werden. Mit Eintritt der Swarovski International Holding (SIH) mit Sitz in der Schweiz in die Daniel Swarovski Kommanditgesellschaft könnten alle notwendigen Strukturreformen rasch, zielgerichtet und solide erfolgen. Gleichzeitig würden die Eigentumsrechte aller Gesellschafter erhalten bleiben. Die SIH werde nämlich zur Gänze von der Familienholding (SAH) gehalten. Die familieninternen Gegner orteten durch die neue Struktur hingegen eine Abwanderung der gesamten Entscheidungsmacht in die Schweiz.

Bemühen um Standort Wattens

Im Vordergrund steht für die Oppositionellen "die Sorge und das Bemühen um Wattens und Swarovski. Man will die Seele und den Geist Swarovski – mit der vom Gründer festgelegten und mehr als hundert Jahre aufrechterhaltenen positiven, respekt- und verantwortungsvollen Kultur – bewahren, ebenso das Kristallgeschäft."

Das könne nur Gelingen, wenn die laufende Strukturreform aufgehalten wird, fürchten sie. Es sei zu hoffen, dass die Mehrheit der Gesellschafter die Situation erkennt und ein konstruktiver Dialog entsteht.

Unternehmen bleibt gelassen

Seitens des Unternehmens signalisiert man jedenfalls Gelassenheit. Man betont die Rechtswirksamkeit der gefassten Beschlüsse. Kein Eigentümer ist in seinen Anteilen beschnitten worden, heißt es vonseiten des Kristallkonzerns. Es gehe schlicht und ergreifend darum, ein führbares Unternehmen zu formen.

Swarovski befindet sich wegen eines massiven Stellenabbaus seit Monaten in den Negativschlagzeilen. Der Kristallkonzern hatte im Juli angekündigt, im Herbst in Wattens von den derzeit noch bestehenden 4.600 Stellen weitere 1.000 abzubauen. Mittelfristig würden am Hauptsitz rund 3.000 Menschen beschäftigt sein – denn bis 2022 soll sich der Mitarbeiterstand noch einmal um 600 Stellen verringern. (APA, red, 20.11.2020)