Die Grünen hätten nun "substanzielle Verbesserungen" mit dem Koalitionspartner ÖVP verhandeln können, sagte ihre Frauensprecherin, Meri Disoski.

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Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) pocht auf bessere Koordinierung.

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Wien – Der Bund übernimmt die Kosten für die im Rahmen des 2019 beschlossenen Gewaltschutzpakets eingeführten Kurse für Gewalttäter. Außerdem werden die Stunden von drei auf sechs aufgestockt, gab die Frauensprecherin der Grünen, Meri Disoski, am Montag via Aussendung bekannt. Im Nationalrat beschlossen werden soll die Neuerung noch im Dezember.

Das ursprüngliche Konzept der sogenannten Gewaltpräventionszentren habe vorgesehen, dass Täter Gewaltpräventionstraining im Ausmaß von drei Stunden absolvieren und die gesamten Kosten dafür selbst tragen müssen. Für einkommensschwächere Familien stelle das eine Belastung des Familienbudgets dar, die sich negativ auf Opfer von Gewalt auswirken kann, erinnerte Disoski am Montag an damals hervorgebrachte Kritik. Drei Beratungsstunden seien damals von Experten außerdem als unzureichend erachtet worden, um Verhaltens- und Einstellungsänderungen bei Gewalttätern bewirken zu können.

Kompromiss mit ÖVP

Die Grünen hätten nun "substanzielle Verbesserungen" mit dem Koalitionspartner ÖVP verhandeln können, sagte die Frauensprecherin. Die Regierungsparteien verständigten sich demnach darauf, die Zahl der Beratungsstunden von drei auf sechs zu verdoppeln. "Zudem übernimmt der Bund die gesamten Kosten für die Gespräche. Nach einem Jahr wird die Arbeit der 'Beratungsstellen für Gewaltprävention', wie die 'Gewaltpräventionszentren' fortan heißen, evaluiert", so Disoski.

Am Freitag wurde ein entsprechender Initiativantrag im Nationalrat eingebracht und dem Innenausschuss zugewiesen, hieß es auf APA-Nachfrage aus dem grünen Parlamentsklub. Der Beschluss ist noch für Dezember vorgesehen.

Gewaltschutzgipfel in Wien

Am Montag begann auch der zweitägige Gewaltschutzgipfel in Wien. Frauenministerin Susanne Raab und Innenminister Karl Nehammer (beide ÖVP) sprachen sich demonstrativ gegen Gewalt an Frauen und Kindern aus. Es gehe bei den weltweiten "16 Tagen gegen Gewalt" ab 25. November darum, "dass jede Frau sich sicher sein kann, dass sie einen Zufluchtsort hat", so Raab. Zentrales Ziel des Gipfels sei eine noch bessere Vernetzung im Kampf gegen Gewalt.

"Ich will, dass jede Frau in Österreich weiß, dass es einen Weg aus der Gewaltspirale gibt, dass wir Einrichtungen in Österreich haben, die sie und ihre Kinder aufnehmen und unterstützen, dass es eben Lösungen gibt", sagte Raab vor Beginn des von Bundeskanzleramt und Innenministerium organisierten Gipfels in der Wiener Innenstadt, der Corona-bedingt zum Großteil online ablaufen wird. Am Dienstag werden die Ergebnisse des Gipfels im Rahmen einer Pressekonferenz präsentiert.

"Das Wichtigste ist, dass die Opferschutzeinrichtungen, die Gewaltschutzzentren, die Frauen- und Mädchenberatungsstellen alle gut koordiniert vorgehen, auch gemeinsam mit der Polizei", sagte Raab. Auch wies sie darauf hin, dass es bereits jetzt in über 90 Prozent der Bezirke Mädchen- und Frauenberatungsstellen gibt und in jedem Bundesland ein Gewaltschutzzentrum. "Das Wichtigste ist, dass alle Player gut zusammenarbeiten; wir wollen dorthin sehen, wo es noch Lücken gibt."

Polizei muss informiert werden

Für die Polizei sei laut Nehammer die große Herausforderung, dass sie über Gewalt informiert wird: "Wir können immer nur dann einschreiten, wenn wir gerufen werden." Es gehe um die Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung. "Auch wenn man etwas davon mitbekommt, wenn man ein Nachbar, eine Nachbarin ist, kann helfen, indem man die Polizei ruft."

Die Polizei kann beispielsweise ein Betretungsverbot über einen Gewalttäter verhängen. In Niederösterreich wurde diese Maßnahme in diesem Jahr bereits 2.000-mal verhängt, ein Plus von 200 Fällen gegenüber dem Vorjahreszeitraum, erklärte das Land Niederösterreich am Montag in einer Aussendung. (APA, red, 23.11.2020)