Ein HDR-Bildschirm ohne HDR-Support in der Software ist begrenzt nützlich.

Foto: Proschofsky / STANDARD

Die Grundlagen wurden schon vor mehr als einem Jahr gelegt: Seit Linux 5.3 bietet das freie Betriebssystem Unterstützung für "High Dynamic Range"-Inhalte (HDR). Eine Aussage, die allerdings mit einem großen Aber versehen werden muss, denn genau genommen gilt dies nur für die Kernel-Bestandteile, von den diversen Desktops bietet derzeit noch keiner einen generellen Support für HDR-Inhalte und passende Monitore. In der Praxis haben die Nutzer also bisher kaum was davon. Das soll sich nun allerdings ändern.

Ausbau

Wie der bei Collabora beschäftigte Entwickler Pekka Paalanen in einem Blogeintrag schreibt, soll nämlich das Displayprotokoll Wayland um HDR-Support erweitert werden. Dies könnten dann wiederum Desktops wie Gnome, KDE und Co implementieren, um endlich eine umfassende HDR-Unterstützung zu bieten.

Zu diesem Zweck arbeiten die Entwickler derzeit an diversen Protokollerweiterungen für Wayland. Dazu zählt etwa einfacher Support zur Farbkalibrierung sowie die Unterstützung von HDR-Bildschirmen. Auch soll über eine automatische Konvertierung sichergestellt werden, dass die Inhalte von nicht auf HDR ausgelegten Programmen korrekt auf entsprechenden Displays angezeigt werden.

Umsetzung

Paalanen betont dabei, dass einige der Bestandteile derzeit noch in Diskussion sind, er geht aber davon aus, dass die Protokollerweiterungen für Wayland in den kommenden Monaten fertiggestellt werden. Wie schnell die Desktops diese dann übernehmen, ist allerdings noch einmal eine ganz andere Frage, dies könnte noch erheblich länger brauchen.

Mit der Entwicklung würde auch eines der verbliebenen Defizite von Wayland im Vergleich zum klassischen X11 ausgeräumt – die Möglichkeit, Farbkalibrierung vorzunehmen. Und mit HDR würde sich das neue Protokoll dann auch von der Serverlösung davor abheben, eine Entwicklung von HDR-Support für X11 ist jedenfalls derzeit nicht geplant.

Ausnahmen

Bislang gibt es nur wenige Anwendungen unter Linux, die den HDR-Support des Kernels nutzen, weil dabei direkt das Kernel Mode Setting des Direct Rendering Managers genutzt werden muss – also jenseits klassischer Desktops. Das prominenteste Beispiel eines Programms, das diesen Weg beschreitet, ist wohl die freie Medienzentrale Kodi. Ein allgemeiner HDR-Support wäre auch deswegen wichtig, da Streaminganbieter diese Möglichkeiten immer öfter nutzen und der Linux-Desktop so zunehmend ins Hintertreffen kommt. So liefert etwa Netflix seine Inhalte vermehrt mit HDR-Unterstützung, aber auch Spielestreamingdienste wie Stadia arbeiten daran, den hohen Dynamikumfang im Browser anzubieten. (apo, 23.11.2020)