Ein Datenträger der besonderen Art.

Foto: Jozef Bogin

Wer schon lange genug in der Computerwelt unterwegs ist, der wird sich an eine Zeit erinnern, in der es längst nicht selbstverständlich war, dass Computer von einer Festplatte oder gar einer Solid State Disk (SSD) starten. Über viele Jahre war die Diskette der dominierende Datenträger, doch auch die Nutzung von Magnetbändern war weitverbreitet. Wer etwa einen C-64 von Commodore sein Eigen nannte, der mag dazu auch eine sogenannte Datasette besessen haben – eine Laufwerk, das mit herkömmlichen Audiokassetten genutzt wurde. Genau diese Historie diente nun einem Bastler als Inspiration für sein neuestes Projekt.

Daten von der Platte

Dem Softwareentwickler Jozef Bogin ist es gelungen, einen Computer von einer Schallplatte zu booten. Mit einem aktuellen grafischen Betriebssystem klappt das natürlich nicht, da die entsprechende Datenmenge schlicht nicht auf eine Schallplatte passen würde. Stattdessen hat Bogin zu dem minimalistischen Open-Source-Betriebssystem FreeDOS gegriffen. Dessen Umfang konnte der Entwickler durch Anpassungen am Kernel auf 64 kByte reduzieren, womit es in Tonform auf eine Schallplatte passt.

Jozef Bogin

Bei der Computerauswahl griff der Bastler auf einen klassischen IBM-PC zurück. Dieser hat den Vorteil, dass es hier noch ein Interface für Kassettenlaufwerke gibt. Wie Bogin nun herausfand, ist es dem Interface aber egal, woher die Daten stammen, also konnte er einfach die Ausgabe der Schallplatte weiterreichen, statt direkt eine Kassette abzuspielen.

Details

Ganz so simpel war die Angelegenheit aber dann doch nicht. So musste der Hacker dafür sorgen, dass die kodierten Signale auch fehlerfrei interpretiert werden. Das heißt nicht nur, peinlich genau darauf zu achten, dass kein Staub die Wiedergabe stört, er musste auch für die Aufnahme der Schallplatte das Audiosignal entsprechend aufbereiten. So bediente er sich eines Harman-Kardon-6300-Verstärkers, um die hohen Töne auf -10 dB und 10 kHz zu drücken, während der Bass mit +6 dB und 50 Hz verstärkt wurde. Das Lautstärkevolumen musste wiederum so begrenzt werden, dass es zu keinerlei Verzerrungen kommt.

Falls sich jemand fragt, wie das dann klingt: in etwa so, wie es manche noch von alten Modems kennen dürften. In einem Video demonstriert Bogin den gesamten Ablauf, weitere technische Details verrät der zugehörige Blogeintrag. So bedient er sich etwa einer angepassten Version von Interlnk, um die Daten vom Plattenspieler zum Computer zu übertragen. Dort wird dann das Image lokal in eine RAM-Disk geladen und von dieser gebootet. Für den Bootvorgang benutzte er eine angepasste Version von BootLPT/86, das den Systemstart über Parallelkabel – wie eben das genutzte Druckerkabel – ermöglicht und auf einen EPROM-Chip geschrieben wurde. (apo, 24.11.2020)