Während beim Bundesheer unter Hochdruck die Planung für die österreichweite Organisation der Corona-Massentests angelaufen ist, die auch mit Blaulichtorganisationen wie dem Roten Kreuz und der freiwilligen Feuerwehr abgewickelt werden sollen, tun sich rund um das breitangelegte Screening große Fragezeichen auf.

"Nein, Sie müssen sich nicht testen lassen, aber klug wäre es schon ...": Juristen sehen durchaus Möglichkeiten, wie auf Pädagogen und Polizisten Druck ausgeübt werden kann.
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Wie berichtet hat Türkis-Grün am Freitag mit einem Informationspapier an die Medien zwar äußerst detailreich über die terminlichen Abläufe der Tests im Dezember informiert, die Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) als "Angebot" und keinesfalls als Zwang verstanden wissen wollen. Doch eine Passage in ihrem Informationspapier macht aufmerksame Leser stutzig.

Bevor es voraussichtlich am Wochenende vor Weihnachten (19. und 20. Dezember) zu den Massentests quer durch die Bevölkerung kommt, sind nämlich für Pädagogen und Polizisten am 5. und 6. Dezember bzw. am 7., 8. und 9. Dezember – also gegen und mit Ende des harten Lockdowns – "Pilotdurchgang I" und "Pilotdurchgang II" geplant.

Pädagogen und Polizisten zuerst

In dem Papier aus dem Kanzleramt heißt es dazu: "Am ersten Dezember-Wochenende werden (...) alle Landeslehrer/innen, Bundeslehrer/innen, Lehrpersonal und Kindergartenbetreuer/innen getestet. (...) Diese Testreihe umfasst rund 200.000 Personen in ganz Österreich." Und in der Passage, die die Exekutive betrifft, ist nachzulesen: "In einem zweiten Schritt werden (...) alle rund 40.000 Polizistinnen und Polizisten getestet."

Doch was dräut, wenn einzelne Kindergartenpädagoginnen und Lehrer oder gar reihenweise Polizisten auf die freiwilligen Tests verzichten? Können diese Berufsgruppen dann weiterhin Kinder betreuen, in Klassenzimmern unterrichten bzw. in den Wachstuben und auf den Straßen ihren Dienst versehen? Auf Anfrage gab es dazu am Montag noch keine Antworten aus dem Kanzleramt.

Fest steht: Anders als in der Slowakei, wo Massentestverweigerer etwa mit Arbeitsverboten belegt wurden, gebe das die hiesige Gesetzeslage nicht her, versicherten Juristen schon vorige Woche. Für ein derart rigides Vorgehen bräuchte es ein neues Gesetz mit Verfassungsmehrheit – und eine solche ist derzeit (noch) nicht in Sicht.

Machtwort von Direktoren möglich

Peter Bußjäger vom Institut für öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre in Innsbruck hält angesichts der nun auch anstehenden Screenings für bestimmte Berufsgruppen zwar nach wie vor fest, dass ein Teilnahmezwang an den Tests weder gesetzlich noch dienstrechtlich gedeckt sei – auch Sanktionen dürfe es daher nicht geben. Allerdings laufe man mit einer Verweigerung freilich Gefahr, sich beim Dienstgeber unbeliebt zu machen.

Auch der Wiener Verfassungsrechtler Heinz Mayer bestätigt, dass es selbst für Staats- und Landesbedienstete keine Verpflichtung gebe, an den Tests teilzunehmen, diese seien Privatsache – und um das zu ändern, bräuchte es eine neue gesetzliche Regelung bzw. zumindest eine Verordnung, aber: In der Praxis könnte ein Schuldirektor sehr wohl seine Lehrer dazu auffordern, ihm ihr Testergebnis offenzulegen, erklärt Mayer.

Verweigert das ein Pädagoge, weil er an den Massentests gar nicht teilgenommen hat, könne der Betreffende vom Schulleiter "anderwertig eingesetzt werden", so der Experte – und das könnte nur mehr Unterrichten in Gegenständen, die keine allzu große Schülernähe verlangen, genauso bedeuten wie die Anordnung, ab sofort keine Überstunden mehr zu machen. Ähnlich wie bei der Einteilung zur Pausenaufsicht falle ein solches Vorgehen unter die "Leitungsbefugnisse" von Direktoren – "und hierfür braucht es keine eigene Rechtsgrundlage, genauso wie es für Lehrer keine Verpflichtung gibt, ihre Testergebnisse herzuzeigen".

Karriereleiter zu Ende?

Könnte aber so aufsässigen Staatsbediensteten längerfristig ein Karriereknick drohen? Mayer zum STANDARD: "Ähnlich wie für Karrieren als Staatsanwalt gilt wohl: Wer noch etwas werden will, wird kaum sagen: ,Ich werde keinesfalls diesen Test machen!‘"

FPÖ-Klubchef Herbert Kickl wiederum pocht schon im Vorfeld darauf, dass es für Testverweigerer keine Konsequenzen geben dürfe – und er fragt: "Werden die Betroffenen dann in Quarantäne gesteckt oder in den ,Urlaub‘ geschickt? Werden sie versetzt, werden ihnen Ansprüche gekürzt, oder gibt es sonstige Repressalien?" Er erwarte von Kanzler, Gesundheits-, Innen- und Bildungsminister "eine Garantieerklärung", dass es für Ungetestete keine derartigen negativen Folgen setze. Hinter sich weiß der Ex-Innenminister der FPÖ die freiheitlichen Polizeigewerkschafter von der mitgliederstarken AUF.

Blaue prangern Show an

Und deren Vorsitzender Werner Herbert sagt auf Anfrage: Die Stimmung in der Exekutive zu den Screenings sei "fifty-fifty", Befürworter und Gegner hielten sich die Waage. Herbert selbst hält die Massentests für "ein politisches Showprogramm". Und er fragt: "Was, wenn viele Polizisten positiv getestet werden? Was ist dann mit der Sicherheit im Land?"

Auch aus dem Gesundheitsressort waren auf derlei Fragen zu Wochenbeginn noch keine Antworten zu erhalten. (Walter Müller, Nina Weißensteiner, 23.11.2020)