Der Schwurgerichtssaal am Landesgericht in St. Pölten.

Foto: APA / Helmut Fohringer

Krems – Vor etwa einem Jahr starb ein 13-jähriges Mädchen an den Folgen einer chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung. Seine streng religiösen Eltern, die einer kleinen evangelikalen Gemeinschaft angehören, ließen die Krankheit nicht medizinisch behandeln und vertrauten auf die Hilfe Gottes.

Bereits im Februar wurden die Eltern wegen gröblicher Vernachlässigung einer Unmündigen mit Todesfolge zu jeweils fünf Jahren Haft verurteilt. Im Rahmen des Prozesses wurde seitens des gerichtsmedizinischen Sachverständigen ein "dramatischer Verfall" der 13-Jährigen in ihren letzten Lebenstagen geschildert: Bei einer Größe von 1,60 habe das Kind nur mehr 30 Kilogramm gewogen. "Jegliche Fettschicht" habe gefehlt. Ein Kinderarzt hielt zudem fest, dass das Mädchen mit einer Infusionstherapie und Insulin hätte gerettet werden können. Die Eltern schilderten, wie sie in diesen letzten Tagen fasteten und beteten, anstatt in ein Krankenhaus zu fahren oder einen Notarzt zu rufen. Die Mutter betonte damals, dass sie rückblickend den Arzt rufen würde.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hob das Urteil jedoch auf, da das angeführte Delikt im Urteil zu weit gefasst war. Das machte am Dienstag einen neuerlichen Rechtsgang notwendig. Zur Debatte stand allerdings nur das Strafausmaß, der ursprüngliche Vorwurf des Mordes durch Unterlassung war nicht mehr Thema. Die Staatsanwaltschaft plädierte aufgrund der "besonders grausamen Weise" der Tatbegehung für eine höhere Strafe als die im Februar verhängte.

Nicht rechtskräftig

Verteidiger Rudolf Mayer führt die Unbescholtenheit der Eltern ins Treffen, dass sie ein Geständnis ablegten sowie die Tatsache, dass sie "heute nicht mehr so handeln würden". Die Eltern seien in "ihrem Glauben schwer erschüttert, weil Gott eben nicht eingegriffen hat", sagt Mayer.

Das Schwurgericht entschied sich neuerlich für fünfjährige Haftstrafen. Laut der vorsitzenden Richterin wurden der ordentliche Lebenswandel und das Geständnis als mildernd gewertet, die Tatbegehung gegen einen nahen Angehörigen und der lange Tatzeitraum als erschwerend.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab, auch Verteidiger Mayer erbat sich Bedenkzeit. (Vanessa Gaigg, APA, 24.11.2020)