Wall Street Journal: Veteranen-Regierung

"Joe Biden verschwendet keine Zeit mit der Auswahl seines Regierungsteams. Die ersten Entscheidungen für Posten im Bereich der nationalen Sicherheit, die er am Montag ankündigte, sind mit Veteranen der Obama-Regierung verbunden. Das bedeutet, dass sie wissen werden, wie man eine Regierung führt – obwohl wir hoffen, dass er mehr plant als eine Wiederherstellung des Status quo vor Donald Trump."

FAZ: Kein Erpressen

"Die Leute, die Biden mit der Außen- und Sicherheitspolitik betraut, geben Anlass zur Hoffnung auf Verlässlichkeit und Berechenbarkeit. Die werden nicht erpressen, beleidigen und pöbeln, um Kontroversen zu 'lösen'."

NZZ: Staatsdiener im besten Sinne

"Sie alle sind nicht primär Parteipolitiker, sondern Staatsdiener im besten Sinne – Persönlichkeiten, die ihre Dossiers kennen und mit der Rückendeckung des Präsidenten vom ersten Tag an glaubwürdig als Vertreter Amerikas auftreten können. Dass ein riesiger Erfahrungsschatz keine Garantie für Erfolg bedeutet, ist eine Binsenwahrheit. Nicht selten besteht in solchen Konstellationen die Gefahr von Einheitsdenken und der Verzettelung in vertrauten bürokratischen Prozessen. (...)

Biden dürfte sich noch einen anderen Vorteil ausgemalt haben: (Antony) Blinken und (Michèle) Flournoy haben ein moderates politisches Profil; sie werden vom Senat problemlos bestätigt werden, obwohl dort wohl auch künftig die Republikaner den Ton angeben werden. Dies wird es dem neuen Präsidenten erleichtern, ohne Verzögerung seine außenpolitische Wende in die Tat umzusetzen."

Neo-Finanzministerin Janet Yellen
Foto: AFP / Brendan Smialowski

Handelsblatt: Ein Neustart

"Für die Wirtschaft, und nicht nur für die amerikanische, geht damit eine quälende Phase der Unsicherheit zu Ende. Nicht nur das: Biden plant gerade in der Wirtschaftspolitik einen Neustart. Mit seiner Wahl von Janet Yellen als neue Finanzministerin setzt er gleich drei Ausrufezeichen: Die ehemalige Notenbankchefin hat während ihrer Zeit an der Spitze der US-Notenbank Fed gegen den Widerstand vieler konservativer Ökonomen mit extrem niedrigen Zinsen geduldig die längste wirtschaftliche Erholung der US-Geschichte durchgesetzt. Mehr Erfahrung kann man sich bei der Bekämpfung der aktuellen Corona-Wirtschaftskrise kaum wünschen."

Hospodarske noviny: Ratlose Europäer

"Blinken wird die Welt zweifellos mit der Botschaft bereisen, dass alle zusammenarbeiten müssen, um die Demokratie wieder attraktiv zu machen. Das gilt auch für die Europäer, die keinen Rat wissen mit den derzeitigen Regierungen in Ungarn und Polen, welche klare Anzeichen eines Autoritarismus zeigen. Die USA werden, wie auch schon beim Druck auf erhöhte Verteidigungsausgaben, nach dem Motto "Hilf dir selbst, dann wird dir geholfen" handeln. Die neue US-amerikanische Regierung wird die Atmosphäre in der Welt zugunsten der Demokratie verändern, aber wir können sicher sein, dass Antony Blinken niemanden persönlich an der Hand führen wird." (APA/red, 24.11.2020)