Blut im Beutel.

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München – Dirk Q. hat sich im Blutdoping-Prozess um den Mediziner Mark S. erstmals zu Wort gemeldet. Der fünfte Angeklagte in dem Verfahren ließ am Dienstag eine Erklärung von einem seiner Verteidiger verlesen. Darin schilderte der Bauunternehmer Dirk Q., wie sich über ein Arzt-Patienten-Verhältnis hinaus "eine Freundschaft" zum Hauptangeklagten entwickelt habe. Er habe sich ihm anfangs auch "verpflichtet gefühlt", hieß es. Dirk Q. hatte stets einen Tagessatz von 200 Euro genommen.

Klar ist mittlerweile, dass der auf die "Operation Aderlass" in Deutschland gefolgte Prozess in die Verlängerung gehen wird. Eigentlich war der 21. Dezember als letzter Termin für die Hauptverhandlung angesetzt. Nun sind bis zum 11. Juni weitere Sitzungen geplant.

Unwissenheit

Dirk Q. sei für Blutbeuteltransporte zur Verfügung gestanden, er sei aber nicht für die Blutabnahme geeignet gewesen. Er habe zudem nicht gewusst, dass es sich bei seinen Diensten um Dinge handelte, die "möglicherweise Dopingzwecken" dienen sollten oder strafrechtlich relevant hätten sein können. Er habe keinen Grund gesehen, "irgendwelche Ungesetzlichkeiten zu vermuten". Zudem war Dirk Q. der Erklärung zufolge stets davon ausgegangen, dass er alleiniger Helfer von Mark S. war.

Dirk Q. sitzt neben Mark S. seit Anfang 2019 in Untersuchungshaft, weil er der Staatsanwaltschaft zufolge ebenfalls Athleten Blut entnommen und wieder injiziert hat, etwa während der Olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang. Die aktive Beteiligung an einer Blutrückführung räumte Dirk Q. bei einem langjährigen kasachischen Langläufer ein. "Mark hat mich zu nichts gezwungen, allenfalls mich das ein oder andere Mal daran erinnert, dass ich ihm einen Gefallen schulde", hieß es.

Kältegefühl an Händen und Füßen

Zuvor war eine ehemalige Kundin von Mark S. als Zeugin gehört worden. Eine frühere österreichische Mountainbike-Fahrerin hatte Mitte September 2017 ein neuartiges Präparat von dem Mediziner erhalten und kurz nach der Einnahme eine körperliche Reaktion in Form von starkem Kältegefühl an Händen und Füßen gezeigt. "Ich habe mich zu jedem Zeitpunkt gut aufgehoben gefühlt", berichtete die Frau dennoch, der Mark S. an jenem Tag auch beigestanden habe.

Es habe sich bei dem neuen Präparat um getrocknete Blutkörperchen gehandelt, die in Kochsalzlösung aufgelöst und dann injiziert werden. Es hätte das herkömmliche Blutdoping ersetzen sollen. "Mir war bewusst, dass es kein offizielles Medikament ist", räumte die Österreicherin ein. Sie sei davon ausgegangen, dass es bereits in den USA unter Sportlern im Umlauf gewesen sei. Mark S. wird u.a. gefährliche Körperverletzung vorgeworfen.

Winter- und Radsportler betreut

Der Mediziner Mark S. hatte als Hauptangeklagter im Blutdoping-Prozess ein Geständnis abgelegt und Manipulationen seit 2012 eingeräumt. In einer Erklärung räumte der Erfurter ein, von jenem Jahr an vor allem Winter- und Radsportler betreut zu haben. Allerdings unterstrich er, dass es ihm dabei nicht um Geld gegangen sei, sondern dass er nur kostendeckend gearbeitet habe.

Die Ermittlungen hatten im Jänner 2019 nach einer ARD-Dokumentation und Aussagen des österreichischen Langläufers Johannes Dürr begonnen. Am 27. Februar kam es daraufhin zu zwei Razzien, eine während der nordischen Ski-WM in Seefeld und zugleich eine in Erfurt, bei der auch Mark S. verhaftet wurde. Besonders Winter- und Radsportler zählten zum Kundenkreis des Arztes. Aus Österreich hatte Mark S. Kunden wie etwa die Radprofis Georg Preidler und Stefan Denifl sowie die Langläufer Johannes Dürr, Max Hauke, Dominik Baldauf und Harald Wurm. (APA/dpa, 24.11.2020)