Forscher der Universität Bern untersuchen seit Jahren das Sozialleben von Ratten – Tieren, die lange Zeit sträflich unterschätzt wurden und denen noch heute ein Ruf anhängt, der ihnen nicht gerecht wird. Unter anderem fanden die Forscher heraus, dass hungrige Ratten anders riechen als satte Tiere – was dazu führt, dass ihnen Artgenossen schneller zu Hilfe eilen. Außerdem konnte festgestellt werden, dass Hilfsbereitschaft für Ratten keine Einbahnstraße ist: Geholfen wird Artgenossen, die sich dafür revanchieren, während asoziale Exemplare sich selbst überlassen bleiben.

Neue Studie

Nun berichtet die Forschungsgruppe um Nina Gerber, dass offenbar auch die Kooperationsbereitschaft selbst mit einem bestimmten Duft verbunden ist. Ratten helfen selbst fremden Artgenossen, wenn sie den Geruch der Kooperation erschnuppern, wie die Forscher im Fachmagazin "Proceedings B" der Royal Society berichten. Dieses Duftsignal sei "ehrlich" und könne nicht von selbstgefälligen Nutznießern kopiert werden, sagt Erber.

Der Versuchsaufbau: Die Probandin kann ihrer Käfignachbarin eine Plattform mit Futter herbeiziehen. Selbst hat sie keinen direkten Nutzen davon.
Foto: Michael Taborsky

Menschen allerdings können es sehr wohl fälschen, und genau darauf basiert der jüngste Versuch der Berner Forscher. Sie platzierten zwei Ratten in jeweils zwei Käfigen, die über eine Luftpumpe miteinander verbunden waren. Davor befanden sich ein Behälter mit Haferflocken, den die Ratten zum Käfig ziehen konnten. In einem der Käfige befand sich entweder eine auf Hilfsbereitschaft trainierte oder eine egoistische Ratte, im anderen die eigentlichen Versuchsratten. Denen wurde nun über die Pumpe der Duft einer kooperativen Artgenossin in den Käfig geleitet.

Ausgetrickst

Es zeigte sich, dass die Versuchsratte auf den Duft mit Hilfsbereitschaft reagierte – unabhängig davon, wie sich ihre Nachbarin verhielt. Selbst wenn diese kein kooperatives Verhalten zeigte, gab der Duft den Ausschlag. Auch spielte es keine Rolle, ob sie der Versuchsratte gut bekannt oder völlig fremd war.

"Wir waren sehr überrascht, dass der Geruch allein ein kooperierendes Verhalten auslösen kann", sagt Gerber. Sie hofft, dass in künftigen Studien gezeigt werden kann, wie Nager diese Duftstoffe produzieren und ob solche kooperativen Geruchssignale auch bei anderen Tieren – und vielleicht sogar bei Menschen – vorkommen. (red, 25. 11. 2020)