Die Corona-Pandemie bewirkte bei den Menschen einen vermehrten Wunsch nach Grün.

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Statt "Lage, Lage, Lage" hieß es im Frühjahr "Garten, Dachterrasse, Balkon". Mit dem ersten Lockdown ab März stieg die Nachfrage nach Immobilien mit Freiflächen sprunghaft an. Viele Stadtbewohner liebäugelten zumindest damit, ein Häuschen im Grünen zu haben, oder informierten sich schon mehr oder weniger konkret darüber, was denn eigentlich verfügbar und in ihrer Preisklasse wäre.

So legten die Anfragen nach Häusern im Frühjahr zwar signifikant zu. Doch weil das Angebot an preislich und geografisch vernünftig situierten Einfamilienhäusern schon davor überschaubar war und natürlich nicht schlagartig wuchs, gab es zumindest im ganzen ersten Halbjahr kein Mehr an Transaktionen, sondern der Markt bewegte sich mengenmäßig sogar rückläufig.

Wunsch nach Grün

Wie die Auswertung des Maklernetzwerks Remax und des Kaufpreisdatenspezialisten Immo United für das erste Halbjahr zeigte, wurden von Jänner bis Juni 2020 in Österreich genau 5017 Einfamilienhäuser ver- bzw. gekauft, die Anzahl der Verbücherungen hat sich damit gegenüber demselben Zeitraum 2019 um 5,4 Prozent vermindert, gegenüber dem bisherigen Rekordjahr 2018 sogar um 15,2 Prozent. Das erste Halbjahr 2020 war somit mengenmäßig nur das fünftstärkste hinter 2019, 2018, 2016 und 2015.

"Es gibt sogar viel weniger Objekte als nachgefragt werden", berichtet etwa Peter Weinberger, Geschäftsführer bei der Waldviertel Immobilien Vermittlung (WIV) von Raiffeisen. Vor allem gebrauchte Immobilien sind derzeit in der Region, in die es viele Wiener zieht, beliebt.

"Lediglich Grundstücke werden derzeit weniger gesucht. Die Menschen wollen keine Zeit fürs Bauen aufwenden, sondern suchen relativ rasch eine Immobilie." Als Hauptgrund sieht Weinberger ganz klar die Corona-Pandemie, mit dem vermehrten Wunsch der Menschen nach Grün.

Langer Leerstand

Und bei WIV beobachtete man auch einen Trend, der durchaus erst heuer begonnen habe: Viele Interessenten seien nun bereit, auch tatsächlich ihren Wohnsitz zu wechseln, also ihren alten aufzugeben.

Früher sei das Waldviertel eher für Zweitwohnsitze beliebt gewesen. Das Arbeiten im Homeoffice mache es aber möglich, sich dauerhaft auf dem Land niederzulassen. Und wenn man doch hin und wieder ins Büro muss, nehme man auch eine weitere Anfahrt in Kauf, so Weinberger.

Leider ist aber langer Leerstand im Waldviertel oft ein Problem. Viele Immobilien sind dadurch in einem schlechten Zustand und finden keine Abnehmer mehr. Die Anforderungen der Kunden an Immobilien haben sich aber trotz Corona-Krise nicht geändert. Sie verlangen nach wie vor, auch im Waldviertel, nach einer bestehenden Infrastruktur, etwa nach Schulen und Kindergärten in der Nähe. Weinberger: "Es geht hier nicht um Aussteiger, die ganz allein im Grünen leben wollen – auch nicht in der Krise."

Verteuerung

Immer wieder würden auch im Waldviertel einige Immobilien über ihrem Preis angeboten, so der Experte. "Die falschen Preisvorstellungen kommen daher, dass die Waldviertler sich denken: ‚Es kaufen eh die Wiener, die sind hohe Preise gewöhnt.‘" So funktioniere das aber nicht. "Käufer wollen moderate Preise, auch deshalb suchen sie überhaupt erst im Waldviertel nach einer Immobilie", so Weinberger weiter.

Anderswo sind Käufer allerdings sehr wohl bereit, tiefer in die Tasche zu greifen. Beim Durchschnittspreis des österreichischen Einfamilienhauses dürfte es sehr wohl schon einen Corona-Effekt gegeben haben, er stieg im Halbjahr auf 270.655 Euro, das waren um 8,8 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Und das waren nur die tatsächlich erzielten Kaufpreise bis Ende Juni.

Wie sich die Preise im zweiten Halbjahr 2020 gestalten werden, wird spannend zu beobachten sein. Wenn man sich dazu den Immo-Preisindex der Nationalbank ansieht, ist wohl eine durchschnittliche Verteuerung im zweistelligen Bereich zu erwarten. Dieser Index, der auf Angebotspreisen basiert und deshalb auch für das dritte Quartal schon verfügbar ist, weist für "Österreich ohne Wien" schon ab dem zweiten Quartal zweistellige Zuwachsraten bei Einfamilienhäusern aus (10,6 bzw. 12,1 Prozent für das zweite und dritte Quartal).

Im ersten Quartal waren es "nur" 3,3 Prozent. Für Gesamtösterreich (also inklusive Wien) und über beide Eigenheim-arten betrachtet (Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen) betrugen die entsprechenden Steigerungsraten 5,2 und 9,5 Prozent.

Mödling "vorerst" am Plafond

Der Durchschnittspreis für Niederösterreich, den größten Einfamilienhausmarkt des Landes, legte sogar um neun Prozent auf 223.294 Euro zu. In manchen Bezirken, insbesondere den Wien-nahen, ging es um mehr als 20 Prozent nach oben (Bruck/Leitha, Baden, Gänserndorf). Im Bezirk Mödling, schon davor der weitaus teuerste im Umkreis von Wien, ging es aber erstaunlich moderat zu: Nur vier Prozent betrug hier der Preisaufschlag. Ist man mit 466.442 Euro, die im ersten Halbjahr im Schnitt dort ein Haus kostete, am Plafond angelangt?

Ja, sagt Remax-Austria-Chef Bernhard Reikersdorfer – zumindest vorerst. In nächster Zeit sei im Bezirk Mödling wohl "nur mit moderaten Preissteigerungen zu rechnen, wenn überhaupt". Ganz anders sei das in noch etwas günstigeren Wien-nahen Bezirken. In Baden zum Beispiel, wo es um 21,3 Prozent nach oben ging, "liegen die Preise für ein Einfamilienhaus noch immer im Schnitt um 130.000 Euro unter jenen des Bezirks Mödling", sagt der Experte.

Eine "Flucht aus Wien" habe Corona also schon allein aus Gründen des geringen Angebots nicht bewirken können, so die Conclusio der Remax-Experten. Allerdings: Das bisschen Angebot, das es gab, wurde zu weitaus höheren Preisen als zuletzt gekauft, das zeigen die Zahlen eben ganz deutlich.

Und wer es sich halbwegs leisten kann, nimmt dafür immer weitere Anreisen in Kauf, nicht nur ins Waldviertel: Den Wiener Speckgürtel hat man bei Remax vor der Krise mit etwa 40 km rund um die Bundeshauptstadt angesetzt, mittlerweile sind es 60 km. (Martin Putschögl, Bernadette Redl, 13.12.2020)