-7,1 Prozent – um diesen Wert wird Österreichs CO2-Ausstoß laut Wifo heuer sinken. Der Kohleausstieg ist ein Schritt auf dem Weg um die Treibhausgasbilanzen zu senken.

Foto: Global 2000 / Manuela Ruzicka

Das heurige Jahr hätte ganz im Zeichen der Klimakrise stehen können. Die Ankündigungen einzelner Nationen und der EU zur baldigen Klimaneutralität haben durchaus den Anschein erweckt, als würde ein wenig Schwung in die Klimapolitik kommen. Doch dann kamen Corona und eine Rezession; die Klimakrise verschwand von den Titelseiten.

Und auch in der Politik lautete das Credo: Nichts wie raus aus der Wirtschaftskrise! Milliarden wurden in das System gepumpt, um Arbeitsplätze zu erhalten und Unternehmen vor der drohenden Insolvenz zu retten. Das Klima wurde hingegen zum Nebenschauplatz.

Dabei könnte das Vorankommen in beiden – der Wirtschafts- und der Klimakrise – Hand in Hand gehen, sagen zahlreiche Wissenschafter. "Es gibt keinen Kompromiss zwischen der Wahl einer nachhaltigen Erholung und dem wirtschaftlichen Fortschritt", schreibt etwa Ulrich Volz, Direktor des Soas Centre for Sustainable Finance an der Universität London.

Nachhaltige Technologien

Ähnlich argumentiert auch Patrick Graichen: Die Zugeständnisse mehrerer Nationen, in den kommenden Jahrzehnten klimaneutral zu werden, könnten die Wirtschaft "grundlegend verändern", sagte der Direktor des Thinktanks Agora Energiewende unlängst in einem Pressegespräch.

In der EU könnten Staaten gar dazu verpflichtet werden, ihre Wirtschaft umzubauen. Denn aufgrund des Green Deal und des geplanten Klimaschutzgesetzes der EU werden die Mitgliedsstaaten ihre Treibhausgasbilanzen sowieso erheblich senken müssen.

Aus Sicht vieler Experten hätten die EU-Staaten nun die Möglichkeit, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Sie könnten durch gezielte Investitionen in nachhaltige Technologien Jobs schaffen, sich aus der Wirtschaftskrise herausinvestieren – und gleichzeitig den Weg für eine Klimawende ebnen.

Prioritäre Rolle für den Klimaschutz

Die weltweiten Konjunkturprogramme könnten im Übergang zu einer kohlenstoffarmen Zukunft "unumgänglich" sein, schrieb das Beratungsunternehmen McKinsey bereits vor einigen Monaten. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie ist der globale Treibhausgasausstoß durch einen Rückgang in Produktion und Mobilität gesunken. In Österreich dürfte heuer laut einer Wifo-Schätzung von Mai um 7,1 Prozent weniger emittiert werden.

Wissenschafter gehen jedoch davon aus, dass der Effekt nur kurzweilig sein wird. Auch nach der Finanzkrise 2007/2008 kam es zu einem Einbruch der Emissionen. Durch Rettungspakete, die das Klima außer Acht ließen, erreichte der Ausstoß jedoch bereits 2010 wieder Rekordwerte. "Es besteht die Gefahr, dass sich jetzt dasselbe Muster wiederholt – und mittlerweile steht viel mehr auf dem Spiel", heißt es in dem McKinsey-Papier.

Eine in der Analyse zitierte Umfrage unter 28.000 Menschen zeigt, dass ein Umdenken auch in der Bevölkerung gefragt ist: Rund zwei Drittel der Teilnehmer gaben an, dass dem Klimaschutz in Konjunkturprogrammen eine prioritäre Rolle eingeräumt werden sollte.

Bereitet die Corona-Krise also einen möglichen Übergang in Richtung einer nachhaltigen Wirtschaft? Die Antwort auf diese Frage wird es wohl erst in einigen Monaten oder gar Jahren geben. 2020 hat der Politik aber schon einmal vor Augen geführt, was es bedeutet, wenn man in einer Krise zu viel Zeit verstreichen lässt. (Nora Laufer, Magazin "Portfolio", 21.12.2020)