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Schoeller-Bleckmann Oilfield Equipment aus Ternitz (NÖ) hat sich auf die Servicierung von Öl- und Gasfeldern spezialisiert. In den USA bereitet dem Unternehmen nun ein Gerichtsurteil Kopfzerbrechen.

Foto: reuters / alaa al-marjani

Die Story hat alle Ingredienzien für einen Thriller. Die Geschichte spielt in den USA, die Spuren führen auch nach Ternitz in Niederösterreich, wo der Ölfeldausrüster Schoeller-Bleckmann (SBO) seine Zentrale hat. Es geht um vermeintliche Malversationen, einen richtigen Rausschmiss, einen Flugzeugabsturz, der tödlich verlief, Juristenstreit und einer Zahlung von knapp 150 Millionen Dollar, zu der SBO jüngst von einem Gericht in Houston verurteilt wurde.

Doch der Reihe nach.

2016 hat Schoeller-Bleckmann Oilfield Equipment, wie die an der Börse in Wien notierte SBO ausgeschrieben heißt, den größten Zukauf in der Firmengeschichte bekanntgegeben. Um 103 Millionen US-Dollar (gut 90 Millionen Euro) wurden knapp 68 Prozent der Anteile am US-Unternehmen Downhole Technology erworben mit der Option, im April 2019 den Rest zu übernehmen.

Größte Übernahme in Firmengeschichte

Downhole Technology ist ein Ölfeld-Serviceunternehmen, das von James Duke VanLue in Houston gegründet worden ist. Das Unternehmen wurde zwischenzeitlich von einer Private Equity Firma – Pelican Energy Partners – mehrheitlich übernommen. Diese verkaufte ihre Anteile um besagte 103 Millionen Dollar an Schoeller-Bleckmann.

Firmengründer VanLue, der weiter ein Aktienpaket an Downhole Technology besessen hat, operativ aber nicht mehr tätig war, habe sich dann aufgedrängt. "Er wollte wieder als CEO eingesetzt werden", sagt SBO-Vorstandsvorsitzender Gerald Grohmann dem STANDARD. "Ich hatte anfangs einen guten Eindruck von ihm – leider kann man nicht in jeden hineinschauen."

Der Job als Geschäftsführer war auf drei Jahre befristet. Dann sollte SBO auch die von VanLue und anderen Managern gehaltenen gut 32 Prozent übernehmen – zu vorher fixierten Konditionen.

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"Leider kann man nicht in jeden hineinschauen", bedauert der Vorstandschef von Schoeller-Bleckmann Oilfield Equipment, Gerald Grohmann.
Foto: reuters / heinz-peter bader

Als Anreiz, die Firma gut zu führen, ist eine Ablösesumme vereinbart worden, die dem siebenfachen Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) im letzten Beschäftigungsjahr von VanLue bei Downhole Technology entsprechen sollte. Im Fall einer Fristlosen sollte nur ein Bruchteil gezahlt werden.

Tatsächlich hat sich das Ebitda von Downhole Technology vom Zeitpunkt der Übernahme durch Schoeller-Bleckmann 2016 bis Herbst 2018 um rund 700 Prozent erhöht, wie dem Houston Chronicle zu entnehmen ist.

Showdown bei Downhole

Kurz darauf kam es zum Showdown bei Downhole Technology. Van Lue wurde gefeuert. "Whistleblower aus dem Unternehmen haben uns über seltsame Vorkommnisse informiert," sagt Grohmann. "Es gab den Verdacht von Malversationen, die wir zum Zeitpunkt der Kündigung aber nicht beweisen konnten, weil wir gar nicht in das Unternehmen gelassen wurden."

Forensiker hätten in der Folge herausgefunden, dass VanLue seine privaten Rechtsanwälte mit Firmengeld bezahlt habe. Darüber hinaus habe er Testergebnisse gefälscht, um an Aufträge zu kommen. Ein Kunde habe das bemerkt und sei für das Unternehmen verloren gewesen. Außerdem habe VanLue bei seinem Abgang Terabytes an Daten mitgehen lassen. "Das hat gereicht für eine Fristlose," sagt Grohmann.

Anschließemd kamen die Juristen ins Spiel. VanLue zog gegen die fristlose Kündigung vor Gericht. Dort ging es in der Folge auch um die Bewertung der Minderheitsanteile, auf die Schoeller-Bleckmann eine Option hatte.

Urteil ohne Begründung

Vor kurzem hat eine Richterin in Houston das Urteil bekanntgegeben: Für den Kläger VanLue und gegen die beklagte Schoeller-Bleckmann America, US-Tochter von SBO. Schoeller-Bleckmann muss 143 Millionen Dollar für die Minderheitsanteile an die Frau von VanLue, Rachel, zahlen. James Duke VanLue ist nämlich Ende Juni beim Landen seiner Piper auf einem Provinzflughafen in Texas tödlich verunglückt. Er war 40 Jahre alt.

Umgerechnet gut 120 Millionen Euro, die zu zahlen sind, sind nicht nichts. Zum Vergleich: Der Börsenwert von SBO beläuft sich derzeit auf rund 484 Millionen Euro. Zu schaffen macht dem Konzern derzeit aber die coronabedingt niedrige Ölnachfrage. Der Umsatz ging in den ersten drei Quartalen 2020 um fast ein Drittel auf 236,4 Millionen Euro zurück, das Ergebnis nach Steuern drehte auf -21,3 Millionen Euro in die Verlustzone.

"Ich kann das Urteil nicht nachvollziehen", sagt Grohmann. Man werde sicher in Berufung gehen und glaube auch, gute Karten zu haben. Aus kaufmännischer Vorsicht habe man ausreichend Vorsorge getroffen. Grohmann: "Es ist nichts, was uns ein Loch in die Bilanz reißt." Im Moment wisse man nicht, wogegen man berufen soll, weil die Begründung zum Urteil noch aussteht. Das Verfahren kann sich hinziehen. (Günther Strobl, 25.11.2020)