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Nach der teils martialischen Razzia gegen 70 angebliche Muslimbrüder und die Hamas in Österreich wurde es schnell ruhig um die Aktion. Inzwischen mehren sich Stimmen von Experten, wonach die Ermittler der Staatsanwaltschaft Graz mit einer "dünnen Suppe" als Grundlage operiert haben könnten. Waffen oder dergleichen wurden nicht gefunden. In Untersuchungshaft kam auch niemand.

Die Ermittlungsakten geben aber Einblick in ein mutmaßliches Milieu, dem die Behörden unter anderem die Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung attestieren, was sie nun beweisen müssen. Das Bild reicht vom Hauptredner und Einpeitscher von Muslimbrüder-Kundgebungen, übernommenen Aussagen eines anonymen Hinweisgebers über Dritte bis hin zu abgehörten Gesprächen mit plötzlich innenpolitischer Note, in denen sich der Islamophobieforscher Farid Hafez, ein Beschuldigter in der Causa, und der SPÖ-Wien-Abgeordnete Omar Al-Rawi darüber unterhalten, eine "ordentliche Schule" in Wien zu errichten, wie schon der "Kurier" berichtete.

Konkret sollte Al-Rawi offenbar dabei helfen, ein geeignetes Objekt für die geplante Schule zu finden. Deshalb, so protokollieren die Ermittler eine Unterhaltung zwischen Hafez und Al-Rawi, sollte auch das Gespräch mit Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) gesucht werden. Dieser wollte das aber nicht vor der Wahl zum Thema machen, heißt es.

Zumindest eine Volksschule

In dem Zusammenhang habe Al-Rawi auch das Gespräch mit dem damaligen Bildungsstadtrat und Parteikollegen Jürgen Czernohorszky gesucht und das Thema "intensiv" besprochen. So sollte Czernohorszky mitteilen, wenn er von etwaigen aufgelassenen Schulen oder anderen Immobilien höre.

Aus dem Büro von Czernohorszky heißt es dazu, dass dieser tatsächlich auf die Gründung einer Privatschule durch Hafez angesprochen worden sei. Er habe dann "wie bei allen Anfragen" den zuständigen Referenten in seinem Büro genannt. Dort stellte man fest, dass man ohnehin inhaltlich nicht zuständig sei, da es sich um die Errichtung einer Privatschule handeln sollte – und verwies auf den Bund.

Vom zuständigen Bildungsministerium heißt es dazu, dass das Thema im Ressort von Minister Heinz Faßmann (ÖVP) noch nicht aufgeschlagen ist.

Wie weit die Pläne sind

Was ist das überhaupt für eine Schule, die hier in Planung ist? Raoul Kneucker, Verwaltungswissenschaftler und ehemaliger Sektionschef für internationale Angelegenheiten im Wissenschaftsministerium, berät die Gruppe rund um Hafez, die diese Schule plant, auf rechtlicher Ebene. Es handle sich um eine "Reihe von Eltern", die eine "konfessionelle private Schule" gründen wollen, sagt Kneucker. Dafür sei auch bereits ein Verein gegründet worden.

Es solle eine "Vorzeigeschule" werden, die Muslimbruderschaft habe damit nichts zu tun. In jedem Fall solle eine Volksschule errichtet werden und auch eine weiterführende Schule – welche Form, sei noch unklar. Einen geeigneten Standort habe man aber noch nicht gefunden. Hafez selbst wollte sich dazu nicht äußern. Auch eine Anfrage des STANDARD an Al-Rawi und sein Büro blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet. (Vanessa Gaigg, Jan Michael Marchart, 26.11.2020)