"Iron" Mike Tyson will der Welt beweisen, dass er in seinem Leben "mehr gegeben als genommen hat".

Foto: imago/Ritzau Scanpix/Rasmussen

Mike Tyson fackelt nicht lange. Sobald er in diesen Tagen in TV-Shows nach seiner Form gefragt wird, reißt sich der Ex-Champ das Shirt vom Leib und zeigt seinen muskelbepackten Körper. Der 54-Jährige hat in der Tat hart an sich gearbeitet. Der Ex-Champ will zumindest eine gute Figur machen und kein Fettsack sein, wenn er in der Nacht auf Sonntag gegen Roy Jones Junior (ab 2.30 Uhr auf Sky) 15 Jahre nach seinem letzten Kampf in den Ring steigt. "Ich möchte, dass die Welt noch einmal sieht, wie groß ich bin", sagt Tyson über den Grund seiner Rückkehr.

Nach einem Leben voller Triumphe, Tränen, Drogen und Skandale ging es in den letzten Jahren wieder bergauf. Der einstige Bad Boy spielte in mehreren Teilen der Filmreihe Hangover mit und trat in einem Ein-Mann-Stück auf der Bühne auf. Die Einnahmen aus dem Kampf gegen Jones Jr. will er Obdachlosen und Süchtigen spenden. "Ich weiß, wie schwer das ist", sagt Tyson.

Hochklassiges Boxen darf man vom Duell der Ring-Pensionisten im legendären, aber wegen Corona leeren Staples-Center von Los Angeles nicht erwarten. Auch weil die zuständige Athletic Commission (CSAC) die Regeln dem Alter angepasst hat. Es wird nur über acht Runden geboxt, eine Runde dauert zwei statt drei Minuten, beide Boxer müssen stärker gepolsterte Handschuhe tragen, bei einem Cut wird sofort abgebrochen. "Das ist was für Frauen", beschwerte sich Jones Jr. und stellte klar: "Wir sind keine Frauen, wir sind zwei der Besten."

Kein Wert

Der 51-jährige Jones Jr. gehörte ebenfalls zu den ganz Großen, war fünfmal Weltmeister in verschiedenen Klassen. Zu seiner besten Zeit trat er aber gegen Tyson nie an, erst vor drei Jahren beendete der Mann aus Pensacola, Florida, seine Profilaufbahn. Trotz der eindrucksvollen Namen hält der frühere Profiboxer Axel Schulz nicht viel von dem Show-Act. "Der Kampf ist wie das Promi-Boxen einzuordnen und nicht, wie angekündigt, das größte Comeback der Boxgeschichte", sagte Schulz. "Kein sportlicher Wert." Der Deutsche kommentiert trotzdem.

Frühbucherrabatt

Beiden Boxern soll bei guten Pay-per-View-Verkäufen in den USA eine Börse von rund zehn Millionen US-Dollar (8,4 Millionen Euro) garantiert worden sein. In Österreich muss der Sky-Kunde noch 20 Euro drauflegen (Frühbucher bis Freitag: 15 Euro), um den Fight zu sehen.

In den 1980er-Jahren startete "Iron" Tyson, der Rebell aus Brooklyn, eine einmalige Karriere, wurde mit 20 Jahren und 144 Tagen jüngster Weltmeister im Schwergewicht. Dabei prügelte der "Pitbull" seine Gegner reihenweise windelweich und aus dem Ring, gewann zwölf seiner ersten 20 Kämpfe durch K. o. in Runde eins. Doch ein Trainer-wechsel und private Probleme warfen den Brutalo-Boxer aus der Bahn. Er verprasste 300 Millionen US Dollar, landete 1992 wegen Vergewaltigung für drei Jahre im Häfen. 1997 wollte er sich den WM-Titel zurückholen, hatte aber gegen Evander Holyfield keine Chance. Aus Frust biss er Holyfield ein Stück aus dem Ohr, der endgültige Abstieg.

Es folgten schlimme Jahre. "Ich war zugedröhnt von all den Drogen und schlechtem Koks", sagt er jetzt über die Zeit nach seiner Karriere. Doch Tyson fing sich, soll wieder einige Millionen auf dem Konto haben, speckte dank veganer Lebensweise 30 Kilo ab, quälte sich durchs Training. "Ich werde vielen Menschen helfen, und mein Vermächtnis wird sein, dass ich mehr gegeben als genommen habe." (sid, hac, 26.11.2020)