Premierminister Abiy hat vor einem Jahr den Friedensnobelpreis erhalten.

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Mekelle (Tigray) / Addis Abeba – Äthiopiens Regierungschef Abiy Ahmed hat im Konflikt mit der abtrünnigen Region Tigray eine Militäroffensive auf die Regionalhauptstadt Mekelle angeordnet. Er habe die Armee angewiesen, "die dritte und letzte Phase" im Vorgehen gegen die in Tigray regierende Volksbefreiungsfront TPLF einzuleiten, erklärte Abiy auf Twitter.

Die Frist für eine Kapitulation sei verstrichen. Bei dem Angriff werde "alles getan", um die Zivilbevölkerung zu schützen und Mekelle vor "größerem Schaden" zu bewahren.

Satellitenaufnahmen zeigen, wie sich vor Tankstellen in Mekelle lange Schlangen bilden.
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Abiy hatte den Anführern in Tigray am Sonntag ein 72-stündiges Ultimatum gestellt. Er rief die Kämpfer der in der nordäthiopischen Grenzregion regierenden TPLF auf, sich zu ergeben. TPLF-Chef Debretsion Gebremichael wies das Ultimatum zurück.

In Tigray gibt es bereits seit Monaten Spannungen. Die dort regierende TPLF dominierte drei Jahrzehnte lang die äthiopische Politik, bevor der aktuelle äthiopische Regierungschef Abiy 2018 an die Macht kam. Die TPLF erkennt Abiy nicht an, der im vergangenen Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden war.

Konflikt entbrannte vor einem Monat

Anfang des Monats sandte Abiy Streitkräfte nach Tigray, wodurch der Konflikt mit der TPLF vollends entbrannte. Abiy hat die Appelle internationaler Politiker, die Kämpfe einzustellen und einen Vermittler in dem Konflikt zuzulassen, zurückgewiesen.

Im Rest des Vielvölkerstaates mehren sich derweil die Meldungen über Diskriminierung von Angehörigen der Tigray – unter anderem sollen Mitglieder der Ethnie von einem Friedenseinsatz der äthiopischen Armee im Südsudan nach Hause geschickt worden sein. Die Tigray stellen zwar nur rund fünf Prozent der Bevölkerung, haben die Politik aber seit den 1990er-Jahren dominiert. Erst mit dem Aufstieg Abiys änderte sich das. Die TPLF kämpft daher nun für mehr Autonomie, Addis Abeba will diese verhindern. Vor dem Konflikt, von dem auch Gräueltaten gemeldet wurden, sind Zehntausende in den Sudan geflohen. Seit Beginn der Kämpfe am 4. November wurden Tausende Menschen getötet. Beobachter befürchten, dass sich die Gefechte ausweiten und die ganze Region destabilisieren könnten. (APA, red, 26.11.2020)