Landen zu viele Corona-Patienten auf der Intensivstation? Der niederösterreichische FP-Chef Udo Landbauer hat das in den Raum gestellt. Ein führender Intensivmediziner widerspricht ihm vehement.

Foto: APA/dpa-Zentralbild/Jens Büttner

St. Pölten / Innsbruck / Wien – Beim Thema Corona kommt die FPÖ leicht in Erklärungsnot. Die Parteilinie ist klar: Die Corona-Maßnahmen sind überzogen. Das wird angesichts der Covid-Zahlen immer schwieriger zu argumentieren. Denn nicht nur die Infektionszahlen steigen, sondern auch die Todesfälle und die Auslastung der Spitalsbetten. Besonders kritisch ist das bei den begrenzten Kapazitäten auf den Intensivstationen.

Darauf angesprochen, hat der niederösterreichische FP-Chef im STANDARD-Interview eine neue Antwort gefunden: "Bei den Bettenkapazitäten muss man auch ehrlich sein. Da sagen viele Ärzte, dass hier viele Personen intensivmedizinisch betreut werden, die vor Corona palliativmedizinisch betreut worden wären."

Kriterien unverändert

Dem widerspricht nun Michael Joannidis. Er ist Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Internistische und Allgemeine Intensiv- und Notfallmedizin. "Natürlich gibt es einen Unterschied vor Corona und danach", sagt er zum STANDARD, "nämlich die Patienten mit Corona." Die Kriterien für die Aufnahme in die Intensivstation, "nämlich gute Aussicht auf Therapieerfolg", hätten sich durch die Pandemie nicht geändert, sagt Joannidis.

Er verweist auf eine aktuelle Studie, die die intensivmedizinische Behandlung von Covid-Patienten der ersten Welle in Tirol untersuchte. "Hätten wir palliative Patienten auf der Intensivstation behandelt, müssten wir eine erhöhte Sterblichkeit bei den Corona-Patienten gehabt haben." Doch das Gegenteil sei der Fall gewesen: Mehr als drei Viertel der in Tirol behandelten Personen "haben von der Intensivmedizin profitiert und sind wieder gesund nach Hause gegangen", sagt Joannidis. "Das entspricht dem Überleben bei anderen internistischen kritischen Erkrankungen mit Lungenversagen." (sefe, 26.11.2020)