Frauen-EM-Quali: Frankreich vs. Österreich, Freitag, 21 Uhr

Die schlechte Nachricht kommt wie immer zuerst: Österreichs Teamkapitänin Viktoria Schnaderbeck kann ihrem Team in der Euro-Quali auswärts gegen Frankreich (Freitag, 21 Uhr) und gegen Serbien in Altach (Dienstag, 18.30 Uhr) nicht helfen. Das Knie macht Probleme. Bislang spielte das Team eine hervorragende Qualifikation: In sechs Spielen wurden fünf Siege eingefahren, gegen die Gruppenfavoritinnen aus Frankreich gelang letztens in Wr. Neustadt ein 0:0. Die Qualifikation für die Euro in England 2022 ist greifbar.

STANDARD: Sie sitzen in London und nicht in Bregenz. Das klingt per se ja ganz cool, in Ihrem Fall ist es aber nicht optimal, weil Sie verletzt sind und nicht am ÖFB-Lehrgang teilnehmen können. Wie geht es Ihnen?

Schnaderbeck: Ja, natürlich wäre ich gerade lieber in Bregenz. Aber mein Knie ist ein bisschen angeschlagen, und ich habe das medizinische Okay nicht bekommen. Es ist weniger cool.

STANDARD: Im letzten Spiel haben Sie mit dem Team in Wr. Neustadt gegen den haushohen Favoriten Frankreich ein 0:0 erkämpft. Es war eine Schlacht. Wie haben Sie das Spiel miterlebt?

Viktoria Schnaderbeck ist Teamkapitänin.
Foto: imago/VI Images

Schnaderbeck: Das war sehr wichtig. Nicht nur der Punktgewinn, der gerade gegen ein Team wie Frankreich eine besondere Strahlkraft hat, sondern auch für uns intern, dass wir mit einer taktischen Teamleistung gegen eine Topnation bestehen können. So einen Spirit hatten wir zuletzt bei der Euro. Es war ein wichtiges Zeichen.

STANDARD: Es war auch ein glücklicher Punkt.

Schnaderbeck: Ja, da machen wir uns nichts vor: Frankreich hat permanent Druck ausgeübt, gerade in der Anfangsphase und zum Schluss. Da hat sich jede Minute wie zehn Minuten angefühlt. Aber es ist auch okay, dass man gegen ein Team wie Frankreich Chancen zulässt. Das Entscheidende war, dass die Spielerinnen füreinander da waren. Aber ich glaube, viel länger hätte das Spiel nicht mehr gehen dürfen.

STANDARD: Man merkt auf Nationalteamebene, dass das Gefälle recht stark ist. Es gibt eine Dreiklassengesellschaft: einerseits die Topnationen, dann Österreich und ein paar andere Teams – und eben viele Gegnerinnen, mit denen ihr fast keine Probleme habt. Wieso ist das so?

Schnaderbeck: Das ist auch auf Vereinsebene so, aber gerade bei den Nationalteams sieht man bei Nationen, die im unteren Drittel sind, dass die Mittel und Strukturen absolut erschreckend sind. Dort gibt es Frauenfußball noch nicht so lange. Damit meine ich nicht nur die finanziellen Mittel, sondern auch die Rahmenbedingungen und die Infrastruktur. Es ist ganz schlimm teilweise. Da ist von Verbandsseite ganz wenig gemacht worden. So kommt das Gefälle zustande.

"Dominik Thalhammer war ein Visionär."
Foto: APA/HANS PUNZ

STANDARD: Bei den Topnationen wie eben Frankreich merkt man dafür viel Commitment.

Schnaderbeck: Ja, in England ist es teilweise noch extremer, im positiven Sinn. Da stehen einfach starke, reiche Verbände dahinter. Man muss sich als Verband aber trotzdem dazu bekennen und investieren. Es ist wie in jedem anderen Unternehmen oder Start-up: Man muss investieren, um vielleicht in ein paar Jahren Erfolg zu haben.

STANDARD: Sie haben seit kurzem mit Irene Fuhrmann eine neue Chefin. Man hatte schon bei ihrem Vorgänger Dominik Thalhammer das Gefühl, dass die Bindung zwischen Team und Trainer stark war. Wie war der Wechsel?

Schnaderbeck: Dominik Thalhammer hat das neun Jahre gemacht, und man hatte von der ersten Minuten an das Gefühl, dass der gegenseitige Respekt groß war. Er war ein absoluter Visionär und hat das Projekt immer vorangetrieben. Es war also nicht erstaunlich, dass das Angebot für ihn gekommen ist. Es ist dann alles schnell gegangen, und es war schon ein kleiner Schock, weil einmal Ungewissheit herrschte, was mit uns passiert. Der Verband hat dann aber gut mit uns kommuniziert, und es war keine große Überraschung, dass es Irene Fuhrmann wurde. Die Vorzeichen haben gepasst. Es hätte in der Konstellation wohl keine bessere Alternative gegeben.

STANDARD: Wie geht's aus gegen Frankreich und Serbien?

Schnaderbeck: Mein Wunsch wäre noch einmal ein Unentschieden und ein Sieg. Die Französinnen wollen zu Hause sicher gewinnen, aber wir haben gezeigt, dass wir bestehen können. Von einem Sieg auszugehen wäre vielleicht ein bisschen groß gedacht. Die drei Punkte gegen Serbien sind aber wesentlich wichtiger als ein Punkt gegen Frankreich.

STANDARD: Sie sind in London ja nicht nur mit Fußball beschäftigt.

Schnaderbeck: Ich habe vor zwei Jahren als Keynote-Speakerin begonnen, und da kommen einige Aufträge rein. Mein Master in Wirtschaftspsychologie läuft nebenbei mit. Außerdem habe ich gerade einen Verein mitbegründet, der sich für die Förderung des Frauen- und Mädchenfußballs engagiert. Langweilig wird mir nicht.

STANDARD: Nicht nur auf dem Papier ist Ihre bisherige Karriere bemerkenswert. Bayern München, jetzt Arsenal.

Schnaderbeck: Ich habe wenige Vereine in meinem Lebenslauf, das zeigt aber auch ein wenig, dass ich eine loyale Person bin. Wenn man mir meine Karriere früher vorhergesagt hätte, hätte ich es wohl nicht geglaubt. Das bringt Stolz und eine gewisse Gelassenheit, trotz der vielen Verletzungen.

STANDARD: Würden Sie im Nachhinein irgendetwas anders machen?

Schnaderbeck: Ja, ich würde eine Versicherung abschließen. Früher, als ich noch keine Vertragsspielerin war, wurden Verletzungen nicht als Arbeitsunfälle gehandhabt. Das wäre aber das Einzige.

Die Grazerin spielt seit 2018 beim FC Arsenal.
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STANDARD: Wenn Sie sich eine fußballerische Fähigkeit wünschen könnten, was wäre das?

Schnaderbeck: Dass ich immer fit bleibe. Das sagen viele, aber ich weiß, wenn ich körperlich fit bin, bringe ich meine Leistungen. Sonst vielleicht noch den Killerinstinkt vor dem Tor. Das sage ich als Verteidigerin.

STANDARD: Gab's bei den vielen Verletzungen Zweifel an dem Weg, den man eingeschlagen hat?

Schnaderbeck: Am Weg selbst nicht, aber es gab immer wieder Zweifel, ob es sich noch lohnt weiterzumachen. Zweifel, Ängste und Unsicherheiten waren da. Es waren auch Phasen da, in denen es mir nicht gut gegangen ist, vielleicht öfter, als bei Spielerinnen, die immer fit waren. Aber ich habe daraus eine mentale Stärke entwickelt, um immer wieder zurückzukommen. Eine Messlatte war, dass ich schmerzfrei sein und Spaß am Fußball haben muss, um wieder zurückzukommen. Es war mir wichtig, dass der Körper und das Herz voll dabei sind.

STANDARD: Ein Thema, das gerade – und das ist bemerkenswert spät – Aufmerksamkeit erlangt, ist Mutterschutz im Frauenfußball.

Schnaderbeck: Das Traurige ist, dass es lange einfach so hingenommen wurde. Man ist Fußballerin und kann dadurch nicht Mutter sein. Innerhalb eines Vertrags bist du nicht geschützt. Das ist ein Wahnsinn. Da ist der Frauenfußball weit hinterher, weil es die Regelung im Männerfußball klarerweise nicht gibt. Es muss unabhängig vom Männerfußball etabliert werden – und ist in Zukunft absolut notwendig.

STANDARD: Wo setzt man an? Bei den Vereinen, bei der Fifa, bei der Uefa?

Schnaderbeck: Wenn man über Mutterschutz redet, muss es gesetzlich verankert sein. Es muss von der Fifa auf die Uefa und dann die Vereine und nationalen Verbände heruntergebrochen werden. Es muss erlaubt sein, und es muss abgedeckt sein. Dann ist die Frage, ob man die Vereine unterstützt oder ob das von vornherein im Budget eingeplant ist. Das wäre der Idealfall.

STANDARD: Es gab kürzlich wieder eine Diskussion über die Version der Nationalhymne. Ist das bei Ihnen im Team ein Thema?

Schnaderbeck: Es ist kein Thema. Wir haben noch nie darüber geredet. Um ehrlich zu sein, gibt es im Frauenfußball wichtigere Themen als die Nationalhymne. (Andreas Hagenauer, 27.11.2020)