"Segel setzen": "Die Furche" feiert ihre ersten 75 gedruckten Jahre mit einer Sonderausgabe.

Furche

Mit einem Onlineangebot ging "Die Furche" aus der Styria Media Group vor ziemlich genau einem Jahr an den Start, mit einem "Navigator" als Zeitreiseinstrument zu Themen in die nun 75 ersten Jahre der gedruckten Wochenzeitung. DER STANDARD schickte zum (heutigen) Printjubiläum Chefredakteurin Doris Helmberger-Fleckl einige Fragen, wie sich die digitale Abostrategie im ersten Jahr entwickelte.

Nicole Schwarzenbrunner, Geschäftsführerin der Styria-Wochenzeitung "Die Furche".
Foto: privat

Antworten übermittelte Nicole Schwarzenbrunner, Geschäftsführerin der "Furche", "sehr stolz" auf die mit einem Team aus neun Mitarbeitern in der Redaktion und fünf im kaufmännischen Bereich geschaffte Onlinepräsenz. Nämlich: "von 0 auf 100.000 Visits, 6.000 Registrierungen und 1.000 Digitalabos".

"Furche"-Chefredakteurin Doris Helmberger-Fleckl.
Furche/Milad Gorgin

DER STANDARD ersuchte am vergangenen Donnerstag um Erläuterung, auf welchen Zeitraum sich die 100.000 Visits beziehen – in der Österreichischen Web-Analyse (ÖWA) ist die "Furche" bisher nicht ausgewiesen. Ebenso bat er um Präzisierung der 1.000 Digitalabos – ist das aktueller Gesamtstand der zahlenden Digitalnutzer, oder sind das alle auch kurzfristigen Digitalzugänge seit einem Jahr?

9.000 Abos gedruckt und digital

Wie viele Anmeldungen für kostenlose Tests konnten Sie bisher generieren, und wie viele davon bleiben, um zu zahlen?, war unter den ersten Fragen des STANDARD. Schwarzenbrunner: "Bisher haben sich knapp 6.000 Userinnen und User auf furche.at registriert, bis Jahresende werden wir unsere ersten 1.000 Digitalabos erreichen. Und dann werden es hoffentlich immer mehr."

"Wir haben es 2020 erstmals seit Jahren geschafft, dass unsere Abozahlen wieder steigen, das heißt, die Kurven gehen nach oben. Das war das Ziel. Derzeit liegen wir bei rund 9.000 Abonnenten und Abonnentinnen, rund 1.000 davon nutzen ein digitales Abo", erklärte Schwarzenbrunner zudem auf die ersten Fragen.

"Mehr Menschen bereit zu zahlen"

Und welchen Beitrag leisten Digitalabos derzeit, ein Jahr nach dem Start, zum Umsatz der "Furche"? "Einen wesentlichen, der im zweiten Jahr hoffentlich noch deutlich steigen wird", antwortet Schwarzenbrunner, "sehr stolz auf das bisher Erreichte. Der Fokus unserer Digitalstrategie liegt auf Vertriebserlösen – wir glauben, dass mehr Menschen bereit sind, für 'Furche'-Inhalte zu bezahlen, manche wissen das vielleicht noch nicht. Es liegt an uns, sie auf die 'Furche' aufmerksam zu machen. Ob sie sich für digitale Formate, für die Zeitung oder für beides entscheiden, spielt am Ende keine Rolle. Wichtig ist, dass wir auf unserer Website und Social-Media-Kanälen mehr Menschen erreichen können, manche werden bleiben."

Die "Furche"-Geschäftsführerin: "Immer mehr Medienunternehmen national und international haben in den letzten Jahren immer stärker auf Bezahlmodelle gesetzt, um sinkende Printauflagen auszugleichen. Es ist eine grundlegende Entscheidung, entweder auf Reichweiten oder auf loyale Leserinnen und Leser zu setzen. Beides gleichermaßen intensiv zu betreiben ist ein Spagat, den vor allem ein kleines Medium nicht auf den Boden bringt. Also haben wir uns für einen sehr selbstbewussten Zugang zu digitalen Verkaufsstrategien entschieden und ein sogenanntes Freemium-Modell eingeführt. Einige Artikel der jeweils aktuellen Ausgabe sind frei zugänglich, der Großteil der Texte steht nach einer Registrierung für ein Gratis- oder ein bezahltes Produkt zur Verfügung."

"Schatz einer 75-jährigen Tradition"

Schwarzenbrunner beschreibt die vor einem Jahr eingeschlagene Digitalstrategie so: "Seit Jahren ist unbestritten, dass guter Journalismus, will er bestehen, immer mehr (auch) digital sein muss. Das haben manche Medien früher erkannt, andere später. Wir wollten keine schnelle Wordpress-Seite, weil wir davon überzeugt waren, dass das nicht der richtige Weg für 'Die Furche' ist, und haben etwas länger nachgedacht. Die Herausforderung bestand darin, wie, mit welcher inhaltlichen Idee wir digital in die Zukunft gehen wollen. Wie kann und soll sich das digitale Angebot einer Wochenzeitung von dem anderer Medien unterscheiden? Und wie können wir unseren großen Schatz einer 75-jährigen Tradition auf ganz moderne Weise vielen Menschen zugänglich machen?"

Die Managerin über die Konzeption: "Gemeinsam mit unseren Technologiepartnern STRG.at ist es uns gelungen, nach zwei Jahren intensiven Suchens und Ringens etwas ganz Besonderes umzusetzen: Im 'Furche'-Navigator können unsere Userinnen und User durch mehrere Jahrzehnte Zeitgeschichte reisen, neue Zusammenhänge und damit Perspektiven entdecken, vielleicht die eigenen Sichtweisen schärfen. Wir haben sozusagen auf der grünen Wiese eine ganz neue Website auf die Beine gestellt, mit 100 Prozent 'Furche'-Content, völlig uniquem Design und gleichzeitig technologisch höchst innovativ. "

"Die Furche" führt unter den Abo-Möglichkeiten auf ihrer Website auch die Möglichkeit finanzieller Unterstützung. Wie entwickelt sich dieses Feld? Schwarzenbrunner: "Die Loyalität der 'Furche'-Leserinnen und -Leser war seit jeher eine große. Da zugegebenerweise noch nicht alle bestehenden Abonnentinnen und Abonnenten auch unsere Website nutzen, ist dieser Bereich sicher noch ausbaufähig."

"Katholisches Blatt für Weltleute"

Wie digital wird die traditionsreiche katholische Wochenzeitung 2025 zum 80-Jahr-Jubiläum sein – und wie analog?, fragte DER STANDARD.

"Traditionsreiche katholische Wochenzeitung" hört man dort nicht gerne – Schwarzenbrunner: "Da darf ich unseren Herausgeber Heinz Nußbaumer zitieren: 'Es stimmt, dass unser Gründer Friedrich Funder in der Sprache von 1945 von einem 'katholischen Blatt für Weltleute' gesprochen hat. Wir haben aber dem Image von so etwas wie einer Kirchenzeitung, das uns manchmal umgehängt wird, nie entsprochen. Immer war die 'Furche' ein Treffpunkt für Menschen, die über alle Konfessionen hinweg die berühmten drei Fragen des Kardinals König für sich für interessant empfunden haben: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Und was ist der Sinn meines Lebens? Das Wort 'katholisch‘ hat für die 'Furche' ja auch immer im eigentlichen Wortsinn gegolten: nämlich weltumfassend oder global, jedenfalls nie eng oder gar fanatisch." Sie war und ist: 'nachdenklich und geistvoll, diskussionsfreudig und tolerant, sozial engagiert, europäisch und ein Leuchtturm im Nebel einer verwirrten Zeit.'"

Zum 80er in fünf Jahren werde die "Furche" "sicher mehr digital sein als heute", schreibt ihre Geschäftsführerin. Und: "Die Zeitung wird noch lange bleiben, als schöne und langsamere Form für entspannte und nachdenkliche Stunden." (fid, 1.12.2020)