Der Prozess rund um Ex-Finanzminister Grasser und die Causa Buwog dauerte 168 Verhandlungstage.

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Wien/Linz – Am 12. Dezember 2017 fiel der Startschuss im Buwog-Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger, den Lobbyisten Peter Hochegger und andere. Drei Jahre später soll das Riesenverfahren am Freitag, dem 4. Dezember, ein Ende finden. Wie das Wiener Straflandesgericht Freitag mitteilte, soll Richterin Marion Hohenecker an diesem Tag ihr Urteil sprechen. Für die Urteilsverkündung gelten strenge Corona-Sicherheitsmaßnahmen.

168 Tage wurde bisher im Großen Schwurgerichtssaal des Straflandesgerichts verhandelt, die wirklich große Überraschung blieb, mit einer Ausnahme, aus. Ein Angeklagter, Ex-Raiffeisen OÖ-Chef Ludwig Scharinger, ist bereits verstorben, zwei weitere Angeklagte waren krankheitsbedingt nur teilweise anwesend. Geprägt waren die Prozesstage von einer freundlichen, aber sehr konsequenten Verhandlungsführung durch Richterin Hohenecker, die immer wieder mit ihrer beeindruckenden Kenntnis des Aktes überraschte.

Teilgeständnis von Hochegger

Der Erstangeklagte Grasser wiederum bewies, dass er seit seinem Ausscheiden aus der Politik nichts an Eloquenz verloren hat. Sein Trauzeuge Meischberger sorgte mit seiner manchmal etwas unkonventionellen Art für den einen oder anderen Lacher – und ihr ehemaliger Freund Hochegger für den einzigen Paukenschlag im Verfahren: Er legte ein Teilgeständnis ab, seitdem herrscht Eiszeit zwischen den ehemaligen Geschäftspartnern.

Grasser, der sich wie Meischberger als Opfer einer übermotivierten und linkslastigen Staatsanwaltschaft sieht und stets seine Unschuld beteuerte, begann seine Verteidigungsstrategie mit einem Frontalangriff auf Hohenecker, abzielend auf Grasser-kritische Tweets ihres Ehemannes. Hohenecker zeigte sich davon gänzlich unbeeindruckt, und im Laufe des Verfahrens wurde der Ton seiner beiden Anwälte ihr gegenüber zusehends freundlicher.

Bis zu zehn Jahre Haft und Schadenersatzforderungen

Grasser und den anderen drohen im schlimmsten Fall zehn Jahre Haft – es ist davon auszugehen, dass zumindest Grasser und Meischberger bei einer Verurteilung Einspruch einlegen werden. Neben schwedischen Gardinen drohen den Angeklagten noch Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe. Neben der Republik haben sich auch noch die CA Immo und die Telekom Austria als Nebenkläger dem Verfahren angeschlossen.

Die CA Immo war im Bieterverfahren um die Bundeswohnungen (u. a. Buwog) unterlegen –laut Anklage, weil Grasser – vereinfacht gesagt – dem Konkurrenten Immofinanz verraten haben soll, wie viel die CA Immo bietet. Im zweiten Anklagestrang geht es um die Einmietung der Finanzbehörden in den Linzer Terminal Tower. Hier soll sich Grasser laut Staatsanwaltschaft so lange quergelegt haben, bis Schmiergeld geflossen sei. Grasser bestreitet beides vehement.

In einer weiteren Causa befasst sich der Schöffensenat damit, dass die teilstaatliche Telekom Austria von ÖVP, SPÖ und FPÖ als "Bankomat" für Parteiinteressen gesehen wurde. Politiker sind hier allerdings nicht angeklagt, was die Angeklagten Meischberger und Hochegger mehrfach hinterfragt haben. Und schlussendlich geht es noch um die ehemalige Villa von Meischberger in Wien, die er einem Geldgeber abtreten musste, um seine Steuerschulden zu bezahlen. Die 9,6 Millionen Euro Provision für den Buwog-Deal hatten er und Hochegger nämlich nicht versteuert.

Wegen des Lockdowns verschoben

Mitte Oktober schloss Richterin Marion Hohenecker die Hauptverhandlung im Grasser-Prozess nach 168 Prozesstagen. Ursprünglich war geplant gewesen, dass an einem Freitag im November oder am ersten Freitag im Dezember die beiden Berufsrichter und zwei Schöffen das Urteil fällen sollen.

Die Verkündung musste wegen des Corona-bedingten Lockdowns dann aber verschoben werden. Ursprünglich sei sie für den 20. 11. 2020 "unverbindlich angedacht" gewesen, hatte das Landesgericht für Strafsachen Wien mitgeteilt. (APA, red, 27.11.2020)