Piste gesperrt – hier 2019 im Untertal bei Schladming wegen Lawinengefahr.

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Ob Bundeskanzler Kurz mit seiner Verordnung eines zweiten Lockdowns in der Vorweihnachtszeit seine Geringschätzung für Unternehmertum offenbart, möge sein Freund in der Wirtschaftskammer beurteilen. Für die "Presse" vom Mittwoch war hingegen sofort klar: Italiens Premier verlangt ein Skifahrverbot zu Weihnachten und offenbart damit seine Geringschätzung für Unternehmertum. Dabei will Conte dasselbe wie Kurz, heißt es doch in dem Leitartikel, er will einen dritten Lockdown verhindern. Nur: Er reduziert dieses Ansinnen auf die simple These "Wir oder die Wirtschaft".

So weit würde der Bundeskanzler nie gehen

So weit würde ein österreichischer Bundeskanzler nie gehen, simple Thesen sind einem solchen völlig fremd. Aber wie bringt man den Lesern schonend bei, dass Conte mit seiner Geringschätzung für Unternehmertum leider nicht allein ist? Denn nicht die Aussagen des Herrn Conte treibt den Unternehmern die Sorgenfalten auf die Stirn, sondern ein Blick auf die aktuellen Infektionszahlen. Österreich ist einer Verlängerung des Lockdowns über den 7. Dezember hinaus näher als einer Wintersaison. Und wie diese auch immer dann aussehen mag, an der ist Conte garantiert nicht schuld. Leider.

Superspreader-Event

Die Diskussion ums Skifahren zu Weihnachten offenbart aber auch, dass der Sündenfall Ischgl noch lange nicht vergessen ist. Natürlich erinnerte der italienische Premier an das Superspreader-Event, mit dem sich österreichisches Unternehmertum in den Tiroler Bergen etwas mehr als Geringschätzung eingehandelt hat, und das europaweit. Sogar "Die Presse" kann nicht umhin einzugestehen: Diesen Vorwurf wird sich der heimische Tourismus noch lang anhören müssen.

Zwecklos, den Schuldigen in Italien zu suchen, wo er doch viel näher wohnt. Die Lage ist frustrierend für alle Beteiligten. Ein Regierungsmitglied meinte dieser Tage, wir seien an einem Punkt angelangt, an dem "offenbar alles falsch ist, was man tut".

Mehr Verständnis für jeden Weltverschwörer

Wer uns und die heimischen Unternehmer an diesen Punkt gebracht hat, spart "Die Presse" nobel aus, nur so viel: So ziemlich jeder Weltverschwörer kann in unserer Gesellschaft auf mehr Verständnis hoffen als jene, die knapp 95 Prozent aller Steuern abführen. Jeder Virologe hat mehr politisches Gewicht als jene, die Wohlstand, Jobs und Zukunft sichern. Dieser Kritik muss sich auch unsere Regierung stellen, die mit Wirtschaftsministerin Schramböck immerhin ein Mitglied mit unternehmerischer Erfahrung vorzuweisen hat. Doch leider mit viel weniger Einfluss höheren Orts als jeder Virologe.

Diesen Vorwurf müssen sich aber auch Medien gefallen lassen, lässt der Autor Geringschätzung für das elektronische Unternehmertum durchblitzen, Medien, die der lieben Quote wegen selbstgefällige Schröcksnadels "Ins Zentrum" setzen und so eine ganze Branche diffamieren. Was den Verdacht nährt, hier liege viel Geringschätzung für Schröcksnadels Unternehmertum vor.

Jeannée, von zu häufiger "Krone"-Lektüre infiziert

Wer sich nach Weihnachtsstimmung sehnte, musste da schon zur "Kronen Zeitung" greifen. Am 24. November war’s, da verlieh Kolumnist Jeannée seinem Tagewerk den Titel Heute ist der 24. November! Ein folgenschwerer Termin, denn so sind es noch vier Wochen bis zum 24. Dezember, bis zur Heiligen Nacht. Von zu häufiger Lektüre seines Blattes infiziert, fürchtete der Kolumnist, wenn bis kommenden Sonntag die Corona-Neuinfektionen nicht dramatisch sinken, können wir Weihnachten "abschreiben", wie ich lesen musste. Womit ich – endlich – beim Thema wäre, bei der Heiligen, der Stillen, der Christnacht, gegen deren Abschreibung Jeannée wie folgt in einen erbitterten spirituellen Kampf zieht.

Jene Nacht, in der Jesus von Nazareth geboren wurde. In einem Stall. Jesus Christus, der Retter, der Heiland, der Sohn Gottes, der die Welt veränderte, indem er die Liebe zu unseren Feinden predigte. Leider eben nicht, aber auch wurscht. Wer weiß das heute noch, außer Jeannée, wer versteht das heute noch, wer will das heute überhaupt noch wissen? Die Christnacht ist eine Nacht des Konsums, der Geschenke, des Christbaums geworden, kurz, des Unternehmertums. Die Christnacht ist oberflächlich, gewöhnlich, Routine. Und hat mit der Nacht, in der Jesus Christus geboren wurde, nichts mehr gemein. Was also spräche schon dagegen, sie abzuschreiben, egal, wie es um die Dramatik der Corona-Neuinfektionen aussieht? Jesus, der Stall, liebet Eure Feinde: Schnee von gestern, wenn überhaupt. PS: Vielleicht wäre "abschreiben" gar keine so schlechte Idee.

Doch wo lüde die "Krone" bei so viel Geringschätzung für Unternehmertum dann ihren gesammelten Weihnachtskitsch ab? (Günter Traxler, 28.11.2020)