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Vielen Menschen aus der Region Tigray bleibt nichts anderes übrig, als in den benachbarten Sudan zu fliehen.

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Mekelle/Addis Abeba/Asmara – In der Hauptstadt Eritreas am Horn von Afrika ist es nach Angaben der US-Botschaft zu Explosionen gekommen. Am Samstagabend hätten sechs Explosionen Asmara erschüttert, teilte die Botschaft in Asmara in der Nacht zum Sonntag mit. Sie riet US-Bürgern in Eritrea, Zuhause zu bleiben und wegen des andauernden Konflikts in der Region Tigray im Nachbarland Äthiopien wachsam zu sein.

Der Hintergrund der Explosionen war laut US-Diplomaten zunächst unklar. Anderen Quellen zufolge handelte es sich um Raketeneinschläge aus der benachbarten äthiopischen Unruheregion Tigray. Die Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) hatte im Zuge des Konflikts in Tigray schon vor einigen Wochen Raketen auf Eritrea mit der Begründung abgefeuert, vom Flughafen Asmara würden Luftangriffe auf die TPLF geflogen.

Abiy: Mekelle eingenommen

Äthiopiens Regierung hatte Anfang November eine Offensive gegen die TPLF gestartet, die in der nördlichen Region Tigray an der Macht ist. Am Samstag verkündete Äthiopiens Ministerpräsident Abiy Ahmed, die Hauptstadt von Tigray, Mekelle, sei eingenommen und die Offensive sei beendet worden.

Der Regionalpräsident von Tigray, Debretsion Gebremichael, erklärte in einer Textnachricht an Reuters, die Streitkräfte seiner Volksbefreiungsfront TGLF hätten sich aus der Umgebung von Mekelle zurückgezogen, würden den Kampf aber fortsetzen. Das könnte bedeuten, dass der bewaffnete Konflikt weitergeht: Am Sonntag behauptete der Anführer der Tigrayer Streitkräfte ebenfalls in einer SMS an Reuters, man hätte die Stadt Axum vom äthiopischen Militär zurückerobert sowie einen äthiopischen Bomber abgeschossen und den Piloten gefangen genommen. Äthiopien kommentierte bisher keine der Behauptungen.

Nach der Einnahme von Mekelle hat die Regierung mit der Suche nach der dortigen Führung begonnen. Abiy, der die drei Wochen dauernden Kämpfe als eine Frage von Recht und Ordnung im Inneren des Landes erachtet, sagte, Bundespolizisten würden nun versuchen, "TPLF-Kriminelle" gefangen zu nehmen und vor Gericht zu stellen.

In der Grafik von voriger Woche ist die Regionalhauptstadt Mekelle eingezeichnet.
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Die für den Tigray-Konflikt von der Zentralregierung gegründete Taskforce hatte erklärt, die äthiopischen Streitkräfte zielten nur auf militärische Ziele und Waffendepots der TPLF. Zivileinrichtungen wie Schulen oder Wohngebiete würden nicht angegriffen.

Viele Flüchtlinge in den Sudan

Über die Lage vor Ort ist wenig bekannt, da Internet, Telefonverbindungen und Strom weitgehend gekappt sind. Bisher sind laut UNHCR mehr als 43.000 Menschen in das Nachbarland Sudan geflohen und Hilfsorganisationen warnen vor einer humanitären Katastrophe in Tigray. Etliche Stimmen der internationalen Gemeinschaft haben zu einer Waffenruhe ausgerufen, darunter auch jüngst das EU-Parlament.

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Ein geflüchteter Junge schaut in Qadaraif im Sudan durch ein Kirchenfenster.
Foto: AP/Nariman el-Mofty

Hintergrund des Konflikts sind immer größere Spannungen zwischen Tigray und der Zentralregierung. Die TPLF dominierte Äthiopien mehr als 25 Jahre lang, bis Abiy 2018 an die Macht kam und die TPLF hinausdrängte. Viele Menschen in Tigray fühlen sich von der Zentralregierung nicht vertreten und fordern mehr Autonomie. Im Vielvölkerstaat Äthiopien mit seinen rund 112 Millionen Einwohnern gibt es etliche ethnische Spannungen, die unter Abiy gestiegen sind. (APA, 29.11.2020)