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Niemand möchte sich die Finger schmutzig machen – das werden die Briten noch lange bereuen.

AP / Kirsty Wigglesworth

In den Gesprächen zwischen London und Brüssel über den Brexit-Nachfolgevertrag hat es viele hübsche Drohgebärden und albernes Wortgeklingel gegeben. Genießern des Genres lieferte Dominic Raab zum ersten Advent ein besonderes Schmankerl. Für eine Einigung in dieser Woche sei dringend "mehr Pragmatismus" nötig, und zwar aufseiten der EU, teilte der britische Außenminister der BBC mit. Selten so gelacht.

Vergangene Woche war Rishi Sunak an der Reihe. Er hoffe auf das Freihandelsabkommen, sagte der Finanzminister, aber sein Land werde in jedem Fall "prächtig gedeihen". Mit dieser frohen Prognose steht der Hüter der Staatsfinanzen in komplettem Gegensatz zur Ansicht der britischen Budgetbehörde OBR und der Bank of England.

Die unabhängigen Erbsenzähler sagen der britischen Volkswirtschaft im Fall eines chaotischen No-Deal-Brexits einen mittelfristigen Rückgang des Bruttoinlandsproduktes von sechs Prozent voraus. Die Brexit-Folgen würden mittel- und langfristig die Corona-Kosten überwiegen, so Zentralbank-Gouverneur Andrew Bailey im Unterhaus.

Eigentlich ein Donnerschlag, schließlich verursacht die Pandemie im laufenden Haushaltsjahr einen Einbruch von 11,3 Prozent. Aber Baileys Warnung fand in den Medien und bei der Opposition kaum Widerhall. Fast wirkt es so, als wolle sich niemand an dem unerfreulichen Thema die Finger schmutzig machen. Das werden die Briten noch lange Jahre bereuen. (Sebastian Borger, 29.11.2020)