Parler wird von Konservativen und Rechten als Zufluchtsort vor scheinbarer Zensur genutzt.

Foto: AFP/Olivier Douliery

Sie ist Trump-Unterstützerin der ersten Stunde, finanzierte zusammen mit ihrem Vater die rechtsextreme Nachrichtenplattform "Breitbart", steckte mehrere Millionen Dollar in die umstrittene Datenfirma Cambridge Analytica und ist nun einer der wichtigsten Financiers der Twitter-Alternative Parler. Die Rede ist von Rebekah Mercer, Tochter des Hedge-Fonds-Milliardärs Robert Mercer, die bereits seit Jahren als eine der wichtigsten Geldgeberinnen für konservative Zwecke gilt. Geht es nach dem Trump-Vertrauten und Medienmacher Christopher Ruddy, ist Mercer sogar die "First Lady der Alt-Right-Bewegung".

Twitter-Boykott nach der Wahl

Parler gibt es eigentlich schon seit zwei Jahren, wirklich beliebt wurde die App jedoch erst vergangenen Sommer, als zum ersten Mal ein Tweet von Donald Trump mit einem Warnhinweis versehen wurde, berichtet die "Süddeutsche Zeitung". Als Reaktion riefen immer mehr Politiker, aber auch Medienvertreter ihre Anhänger auf Twitter und Facebook dazu auf, mit ihnen zu Parler zu wechseln, um der scheinbaren Zensur zu entkommen.

Unter den Nutzern befinden sich offensichtlich auch österreichische Rechtsextreme, unter anderem der Identitären-Sprecher Marin Sellner, dessen Twitter-Konto erst im Juli gesperrt wurde. Aber auch dessen rechtsextreme Bürgerbewegung "Die Österreicher – DO5" hat ein eigenes Parler-Konto, wenn auch mit deutlich weniger Followern als Sellner selbst.

Zum Zeitpunkt der Twitter-Sperrung scheint Sellner bereits Parler beigetreten zu sein.
Foto: Parler/Screenshot

Den größten Schub erhielt die App jedoch erst Anfang November, genauer gesagt nach der US-Präsidentschaftswahl am 3. November, wie DER STANDARD berichtete – denn herkömmliche Social-Media-Plattformen wie Twitter und Facebook gingen rigoroser gegen Falschinformationen vor und sperrten vermehrt Nutzerkonten. Trumps Tweets, in denen er Vorwürfe des Wahlbetrugs erhebt, sind bis heute mit dem Hinweis versehen, dass die Behauptungen umstritten sind. Für seine Anhänger ist das Zensur, deswegen die Flucht zu Parler.

Rechte Echokammer

Eigenen Angaben nach konnte die Plattform ihre Nutzerzahlen seit der Wahl verdoppeln, von zuvor fünf Millionen auf über zehn Millionen. Verglichen mit Twitters 330 Millionen Nutzern ist das zwar eine verschwindend geringe Zahl, in rechten Kreisen ist die Aufregung um die App dennoch groß. Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, sprechen sie von einem Exodus rechter Influencer, die bei Parler Zuflucht suchen, um ihre Einstellungen ohne Zensur kundtun zu können.

Dabei wollte App-Gründer John Matze vor ein paar Monaten gerade diese Entwicklung noch verhindern, wie der US-amerikanische TV-Sender CNBC berichtete. Damals bot er linken Influencern, die mehr als 50.000 Follower haben, 20.000 Dollar, wenn sie zu Parler wechseln. Seine Bemühungen scheinen bisher aber fruchtlos zu bleiben.

Für die User steht fest: Es gab Wahlbetrug

Stattdessen versammeln sich auf Parler hauptsächlich Trump-Unterstützer, die in der US-Wahl einen großflächigen Betrug wittern, hinter dem wahlweise die Demokraten, die Medien, die Gerichte, die Wahlverantwortlichen, Banker, Kinderschänder oder Satanisten stecken, wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet. Gegenstimmen gibt es dabei keine.

Problematisch sind die neuesten Entwicklungen außerdem auch für den TV-Sender Fox News, der eigentlich stets Trump zur Seite stand. Seit dessen Wahlniederlage scheint sich die konservative Medienszene jedoch aufzuspalten. Während ein Teil die Niederlange anerkennt, halten viele weiterhin an den haltlosen Vorwürfen des Betrugs fest – wodurch der Sender zahlreiche Zuschauer an TV-Sender wie Newsmax und One America News Network (OANN) verliert, so die "Süddeutsche Zeitung".

Ob sich Parler tatsächlich auch auf lange Sicht als ernsthafte Alternative zu Twitter am Markt halten kann, bleibt abzuwarten. Bis dahin bietet die Plattform rechten Meinungsmachern Zuflucht und eine Plattform, auf der sie ihre Botschaften ohne Moderation oder Widerspruch verbreiten können. (mick, 30.11.2020)