Der eine erinnert sich an fröhliche Abende am Lagerfeuer samt inbrünstigen Gesängen mit Freunden und startet seinen zweiten Bildungsweg an der Gitarre. Der andere erinnert sich an einen Musiker, den er vor Jahren auf der Bühne sah, und begibt sich in der Folge in die endlosen Tiefen, die ein E-Bass bietet. Und beide sind sich herrlich uneins darüber, wie man jetzt am besten Hausmusik macht.

Wie man auch beides unter einen Hut – nun, besser gesagt zwei Hüte – bringen kann, zeigen ZZ Top.
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Gitarre gegen Bass

Pro:

Ich muss ein Geständnis ablegen – der Bass war mein erstes Instrument. Und das habe ich auch mit Freude gespielt, bis ich dann den Sechssaiter in die Hand gedrückt bekommen habe. Denn alleine, da muss ich dem Kollegen rechts leider widersprechen, ist die Gitarre einfach der sinnvollere Wegbegleiter. Da kann ich daheim sitzen, spielen, dabei singen (das hört zum Glück niemand), und es fehlt nichts. Klar, eine Band wäre immer schöner, aber für die dunklen und einsamen Stunden im Lockdown ist meine Westerngitarre ein Gut, das ich nicht mehr missen möchte. Übrigens hat sich noch kein Nachbar beschwert. Dafür sind die links und rechts ausgezogen, komisch.

Kontra:

Gut, Gitarristen kriegen mehr Ruhm ab. Vor allem von den Laien. Denn als ich bei meinem ersten Count-Basic-Konzert nicht nur auf den Count und die Kelly geschaut hab, sondern auch den Willi Langer am Bass gesehen und gehört habe, war klar, dass das Klavier daheim bald Staub ansetzen wird. Ein Bass muss her. Die Tiefen, die Magengrube und Hosenbiagl in Schwingung versetzen, dazu die lässige Position im Hintergrund der Bühne. Das hat mich in den Bann gezogen. Nur eines habe ich übersehen. Ohne Bass geht gar nichts, und mit jedem Fehler kannst du die ganze Band mit in den Abgrund reißen. Die Lösung: Ich werde nie auftreten und spiele nur für mich. Sogar die Katzen akzeptieren das und nehmen Reißaus, wenn ich das dicke Brett angreife.

Akustisch gegen elektrisch

Pro:

"Technologie ist ein Zerstörer von Emotionen und der Wahrheit", hat Jack White schon gesagt und damit voll ins Schwarze getroffen. Denn wer einen Fehler auf der E-Gitarre macht, der kann den mit genug Gain oder einem schnellen Wah-Wah auf dem Pedal wieder wettmachen. Mit der Akustikgitarre gibt es das nicht. Da muss jeder Handgriff sitzen, damit nichts zerrt, klirrt oder schief klingt. Das mag am Anfang zwar zach sein, weil das Instrument einem regelmäßig aufzeigt, was man alles nicht kann. Aber die Motivation, besser zu werden, steigt mit jedem Youtube-Video, das man sich von talentierten Ohne-Strom-Spielern anschaut. Und Motivation brauchen wir schließlich alle.

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Es ist jetzt die perfekte Zeit, um damit anzufangen, an den Wirbeln zu drehen und die Saiten zu zupfen. Vier, fünf oder sechs?
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Was spricht wofür, was wogegen?
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Kontra:

Ein akustischer Bass ist ein bisserl schwerer zu spielen als ein E-Bass. Und auch wenn er gut klingt, wirklich andrücken, dass sich jeder Glaserer sofort die Hände reibt, weil die Fenster jeden Moment rauszufliegen drohen, das geht nur mit Strom. Perfekt ist dafür ein aktiver Fünfsaiter, der an einem hausgroßen Amp hängt. Aber das wissen die Bassisten eh, während der Laie schon an den Fachvokabeln scheitert. Darum sage ich es anders: Ein akustischer Bass gehört in jeden Haushalt. Gespielt wird er jedoch nur bei Unplugged-Gigs, Stromausfällen oder wenn man in einer hell hörigen Wohnung spielt. Aber in einem Haus, mit einem Glaserer als Nachbarn ... eher selten.

Tabs statt Noten lesen

Pro:

Notenlesen habe ich in der Schule schon gehasst – wer nicht?! Zum Glück gibt es daher mit den Tabs die Möglichkeit, Gitarre zu spielen, ohne den ganzen unschönen Anhang zu lernen. Zugegeben, ab einem gewissen Punkt sollte man sich doch darüber Gedanken machen, wie so ein Akkord aufgebaut ist und warum. Aber bis dahin ist die Gitarre ein einsteigerfreundliches Gerät. Auch wenn aller Anfang ohne Lehrer tatsächlich schwer ist. Deswegen mein Tipp: Für den Anfang jemanden suchen, der einem die ersten und wichtigsten Schritte zeigt. Ab einem gewissen Anfängerlevel gibt es dann auf Youtube diverse kompetente Lehrer, die helfen und motivieren können – meist ohne Noten.

Kontra:

Die Lernerei kann einem das Spielen echt vermiesen. Versteh ich. Quintenzirkel, Kadenzen, Rhythmik – und natürlich Notenlesen. Wobei, Notenlesen geht ja grad noch. Noten im Bassschlüssel lesen ist aber die Hölle. Es ist wie beim normalen Lesen, wenn mit einem Schlag alle Buchstaben was anderes bedeuten. C ist auf einmal E, E ist G ... Da wirst du am Anfang wahnsinnig. Doch wenn man das erst einmal alles kann, spielt man in einer anderen Liga. In einer mit wenig Konkurrenz. Wichtigster Tipp ist da bestimmt, sich einen guten Lehrer zu nehmen, der einem hilft. Danke an dieser Stelle an Kurt für seine Geduld und all die vergossenen Tränen der Verzweiflung.

Günstiges statt teures Equipment

Pro:

Ich habe meinen ersten Gitarrenlehrer um seine Gibson Les Paul beneidet. Und als ich sie dann gespielt habe, habe ich gemerkt, dass die in meinen Händen nicht so gut klang wie in seinen. Deswegen: Es ist egal, was man in der Hand hat. Wenn man damit nicht umgehen kann, hört es sich trotzdem an wie Notenbrei. Also muss man sich auch nicht dafür schämen, günstiges Equipment zu kaufen. Denn mit dem richtigen Skillset klingt auch das gut. Aber bei einer Sache gebe ich dem Kollegen recht – immer Ersatzteile im Haus haben.

Kontra:

Es gibt Sachen, bei denen wird nicht gespart: Wein, Katzenfutter, Musiklehrer und Equipment. Mit einem billigen Instrument hat man meist weniger Freude und muss sich, wenn man besser wird, erst was Besseres kaufen. Beim Verstärker das Gleiche. Was nutzt es mir, wenn ich gut spiele, es sich aber anhört, als würd ich mich an einem Yoghurtbecher vergehen? Sparen kann man beim Wasser. Ach, und kaufen Sie auch die nötigen Ersatzteile. Sonst stehen Sie gach einmal, wie der Klampfn-Kollege grad, ohne D-Saite da. (Thorben Pollerhof, Guido Gluschitsch, 4.12.2020)