Bezahlbarer Wohnraum wird in Berlin immer knapper. Nun soll der bundesweit einmalige Mietendeckel Wuchermieten einen Riegel vorschieben. Ab Dezember darf eine Obergrenze nicht überschritten werden.

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Elisabeth und Peter staunten nicht schlecht. Dass der rot-rot-grüne Senat seit Juni 2019 einen Mietendeckel vorbereitet, hatte das Berliner Ehepaar natürlich in den Medien verfolgt.

Doch als die beiden vor kurzem von ihrem Vermieter Post bekamen, war die Überraschung doch groß. Um 586,91 Euro sinkt ihre Miete für eine geräumige Dreizimmerwohnung in Berlin-Mitte ab dem heutigen 1. Dezember.

Es sind nur noch 914,80 Euro inklusive Betriebskostenvorauszahlung zu überweisen. "Mit so viel Ersparnis hätten wir nicht gerechnet", sagt Elisabeth und schaut nicht unzufrieden drein. Schließlich steht Weihnachten vor der Tür.

So geht es dieser Tage hunderttausenden Mietern und Mieterinnen in der deutschen Hauptstadt. Rund 340.000 Haushalte werden künftig weniger Miete bezahlen, schätzt der Senat. Denn nun tritt die zweite Stufe des bundesweit einmaligen Mietendeckels in Kraft.

Geboren wurde er aus der Not. Weil auch in Berlin Wohnungen immer schwieriger zu bezahlen sind, selbst Gutverdienende im Zentrum nichts mehr finden und an den Rand gedrückt werden, ersann der Senat diese gesetzliche Begrenzung. Sie bringt Mietern große Erleichterung, greift aber tief in die Rechte von Eigentümern ein.

Zuschlag für gute Böden

Im Juni 2019 wurden die Mieten in Berlin eingefroren, ab diesem Zeitpunkt durften sie nicht mehr erhöht werden. Danach begannen Eigentümer zu rechnen. Baujahr des Hauses und Lage, vieles wirkt sich auf die Miete aus. Diese legte der Senat fest, es gibt Zuschläge für Modernisierungen, etwa im Bad, oder für hochwertige Böden.

Die maximale Miete in guten Lagen und neuen Wohnungen beträgt 9,80 Euro je Quadratmeter. Sie kann, wie auch alle anderen Mieten, nur mehr um 20 Prozent überschritten werden. Mehr Geld dürfen Vermieter ab Dezember nicht mehr entgegennehmen. Tun sie es doch, drohen Bußgelder bis zu 500.000 Euro. Und das gilt bis 2025, so lange werden die Mieten nun gedeckelt. Ausgenommen sind Neubauten, die nach dem 1. Jänner 2014 erstmals bezugsfähig waren. Damit soll Neubau gewährleistet werden.

Berlins Bausenator Sebastian Scheel (Linke) ist mit der Einführung zufrieden: "Es war ja eine Notwehrmaßnahme der öffentlichen Hand. Man muss sich immer vergegenwärtigen, dass Wohnraum keine Ware ist wie jede andere."

Der Berliner Senat hofft, dass er Pionierarbeit leistet und eines Tages auch andere Bundesländer oder zumindest große Städte in Deutschland einen Mietendeckel schaffen.

Kritik kommt hingegen von Eigentümerverbänden. So warnt Kai Warnecke, Chef von Haus & Grund, dass kaum noch wer investieren wolle. Eine Umfrage von Engel & Völkers Commercial und der Skjerven Group ergab, dass 78 Prozent der Vermieter jetzt bei der Sanierung sparen wollen.

Nur noch sauber

Das gilt auch für die großen Immobilienkonzerne. So planen Vonovia und die Deutsche Wohnen keine Investitionen mehr. "Wir können Wohnungen bei Neuvermietung nicht mehr renovieren, weshalb wir sie zwar sicher und sauber, aber nicht mehr schön hergerichtet vermieten", sagt Vonovia-Sprecher Matthias Wulff.

Der Mieterbund, der das Gesetz zwar begrüßt, rät Mieterinnen und Mietern aber auch, das Ersparte nicht zur Gänze auszugeben, sondern zurückzulegen. Denn die endgültige Entscheidung, ob der Berliner Mietendeckel rechtens ist, wird im Jahr 2021 erst das Höchstgericht fällen.

Und so steht auch im Brief des Vermieters von Elisabeth und Peter vorsorglich: "Sie werden ausdrücklich darauf hingewiesen", dass die Differenz der Miete wieder zurückgefordert wird, sollte das Gesetz "in Gänze oder in Teilen" verfassungswidrig sein. (Birgit Baumann, 1.12.2020)