Einfahrt ins Erstaufnahmezentrum Traiskirchen: Ab Dezember hat die die neue staatliche Agentur BBU das Sagen.

foto: apa/oczeret

Wien – Die Betreuung von Asylwerberinnen und Asylwerbern zu Beginn ihres Verfahrens, also die Grundversorgung, steht mit Dienstag österreichweit auf neuen Beinen. Mit Anfang Dezember übernimmt die unter Türkis-Blau beschlossene und unter Türkis-Grün auf den Weg gebrachte Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) die Arbeit in Erstaufnahme- und Rückkehrzentren wie Traiskirchen, Thalham und Fieberbrunn.

Ab Jänner wird dann auch die von der EU vorgeschriebene kostenlose Rechtsberatung für Asylsuchende Aufgabe der BBU. Die fachliche Unabhängigkeit dieser Beratung war in Verhandlungen mit dem dafür hauptzuständigen Justizministerium zuletzt – wie der STANDARD berichtete – verbessert worden. Ob und wie die Weisungsfreiheit des Rechtsberatungsleiters Stephan Klammer abgesichert ist, sei aber weiter unklar, kritisierte am Montag Christoph Riedl von der Diakonie.

Klammer, der zuletzt fachlicher Leiter der Rechtsberatung des Diakonie-Flüchtlingsdiensts war, formulierte es bei einer Veranstaltung von Asyl-NGOs Ende Oktober so: "Weisungsfreiheit und die Unabhängigkeit der Rechtsberater sind für mich das Zentralste." Im Moment habe er das Gefühl, dass dies gewährleistet sei. Sollte das irgendwann nicht mehr so sein, "dann ist es für mich auch klar, dass die rote Linie überschritten ist, und ich werde dann auch meine Tätigkeit zurücklegen".

Vertrag unter Verschluss

Die Errichtung der BBU sei von Intransparenz geprägt, sagte am Montag Lukas Gahleitner-Gertz von der Asylkoordination. Die Rahmenvereinbarung zwischen der GesmbH und dem Innen- und dem Justizministerium sei bisher nicht veröffentlicht worden. Das werde auch nicht geschehen, hieß es auf Anfrage aus dem Innenministerium: "Eine Veröffentlichung der Rahmenvereinbarung ist nicht beabsichtigt, zumal der Gegenstand und Inhalte des Rahmenvertrages der Amtsverschwiegenheit unterliegen können."

Noch Ende Oktober sprach der interimistische Geschäftsführer der BBU, Andreas Achrainer, davon, dass das Ziel ein "möglichst offener Austausch" gerade auch mit den NGOs sei. Mitarbeiter von sechs Organisationen aus dem Flüchtlingsbereich seien in die BBU gewechselt, diese "sollen ihre Expertise und Unternehmenskultur auch nicht an der Tür abstreifen". Außerdem soll es sowohl bei der Rechtsberatung als auch bei der Grundversorgung einen externen Qualitätsbeirat geben, der die Qualität der Arbeit der BBU fachlich beurteilen soll, betonte Achrainer.

Unbegleitete Minderjährige in Traiskirchen

Ein Punkt, der aus Sicht der NGOs unklar ist, ist die Frage, ob und wie die BBU gegen Missstände wie die monatelange Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge im dafür ungeeigneten Lager Traiskirchen vorgehen will, sagte Gahleitner-Gertz.

Hier spielt das Innenministerium den Ball an die Länder weiter. Die Bund-Länder-Vereinbarung, laut der die Zuständigkeit für die Grundversorgung eines Asylwerbers nach dessen Zulassung ins Verfahren auf die Länder übergeht, bleibe von der Gründung der BBU unberührt, heißt es auf Nachfrage: "Eine solche Überstellung kann jedoch nur bei Zustimmung des jeweiligen Bundeslandes erfolgen." (Irene Brickner, Johannes Pucher, 1.12.2020)