Vor der Einführung sprachen sich manche Fahrer wegen vermeintlicher Sichtbehinderung gegen den Halo aus, der Romain Grosjean am Sonntag wohl vor Schlimmerem bewahrt hat.

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Tausend Schutzengel, so heißt es, hätte Romain Grosjean bei seinem Feuerunfall im Formel-1-Rennen in Bahrain gehabt. Doch wahr ist vielmehr: Der Formel-1-Pilot hatte einen Heiligenschein. Den Halo.

So heißt die 2018 eingeführte Sicherheitsvorrichtung an einsitzigen Rennwagen, die den Kopf des Piloten umgibt und ihn, das war der ursprüngliche Plan, vor herumfliegenden Teilen schützen soll. Am Sonntag in Bahrain hat der Halo die Leitplanke geteilt, in die Grosjean gerast ist, und so den Kopf und das Leben des Franzosen gerettet.

Die Bezeichnung des an drei Punkten mit dem Chassis verbundenen Bügels geht auf das altgriechische Wort "halos" (Lichthof) zurück. Das S am Ende hat man sich im Englischen (halo = Heiligenschein) wie im Deutschen geschenkt. Ebenfalls altgriechisch, aber weitaus bekannter ist das Chaos – ein solches herrscht ja oft und herrschte 2016 auch in der Formel 1. Da harrte der Halo bereits seiner Premiere, sie war für 2017 vorgesehen, wurde aber noch um ein Jahr verschoben. Im Fahrerlager war man geteilter Ansicht. Einige sprachen sich – auch wegen vermeintlicher Sichtbehinderung – gegen den Halo aus, andere wünschten sich eine flottere Einführung. Grosjean gehörte damals übrigens zu den Halo-Kritikern.

Neun Kilo für mehr Sicherheit

Schwere Unfälle hatten den Motorsport-Weltverband Fia bewogen, in die Sicherheit zu investieren. 2009 war in einem F2-Rennen der junge Brite Henry Surtees, Sohn des legendären John Surtees, tödlich verunglückt. Ihm flog ein Reifen an den Kopf, bewusstlos raste er in eine Mauer. Wenig später wurde der Brasilianer Felipe Massa im F1-Rennen in Ungarn von einer Stahlfeder am Kopf getroffen. Im Oktober 2014 prallte der Franzose Jules Bianchi in Suzuka ins Heck eines Bergungsfahrzeugs, im Juli 2015 erlag er seinen Verletzungen.

Der Halo, ein von Mercedes entwickelter Bauteil aus Titan, wiegt neun Kilogramm. Die Anforderungen sind im Fia-Standard 8869-2018 beschrieben. Quasi übersetzen kann man sie damit, dass der Halo dem Gewicht von zwei afrikanischen Elefantenbullen – das sind rund zwölf Tonnen – sowie einem vollen Reisekoffer standhalten muss, der mit 225 km/h auf ihn abgefeuert wurde. Eine Simulation mit Daten von 40 realen Unfällen ergab, dass der Halo die Überlebenschance eines Unfallfahrers um 17 Prozent erhöht.

Am Sonntag wurde die Fia hundertprozentig bestätigt. Einer hat seine Meinung jedenfalls grundlegend geändert. "Der Halo", sagt Romain Grosjean jetzt, "ist einfach großartig." (Fritz Neumann, 30.11.2020)