Es sind Fragen, die Bürger, Unternehmer und Konsumenten in Österreich derzeit gleichermaßen bewegen: Wann sperrt das Land wieder auf, und wie geht es nach dem harten Lockdown mit der Pandemiebekämpfung weiter? Reichen sanftere Maßnahmen mit guten Contact-Tracing aus, damit das Gesundheitswesen nicht überlastet wird, oder ist es möglich, dass wir auch ein drittes Mal Schulen und den Handel zudrehen müssen? In vielen ländlichen Regionen bangen Hoteliers und Liftbetreiber zudem um die Wintersaison.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne).
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Trotz der vielen offenen Fragen liefert die türkis-grüne Koalition kaum Antworten. Nun gibt es gerade in einer Pandemie wenig Gewissheit, und die vergangenen Monate haben gezeigt, dass es mit dem Coronavirus schnell böse Überraschungen geben kann. Dennoch ist es demokratiepolitisch bedenklich, wie wenig Einblick die Regierung in ihre Szenarien und Entscheidungsgrundlagen bietet. Nur ein kurzer Blick zurück: Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sprechen seit Tagen davon, dass die Neuinfektionen sinken müssen, damit Lockerungen kommen. Werte nennen sie nicht.

Diese Aussage kommt einer Veräppelung der Bürger schon recht nah. Dass sich die Öffnungsschritte nicht nach dem Mondkalender richten werden, ist ja klar. Aber wie sehr müssen die Fallzahlen sinken, damit der Handel geöffnet werden kann oder an Skifahren zu denken ist? Welche langfristigen Szenarien für welche Branchen sind wahrscheinlich? Müssen Restaurants und Fitnesscenter bis zum Frühjahr zusperren? Auf Basis welcher Berechnungen werden diese Entscheidungen getroffen werden? Dazu bräuchte es endlich genaue Informationen. Zeit genug dafür wäre ja in all den Pressekonferenzen.

Grundrechte

Nun ist diese Zurückhaltung der Regierung im Prinzip verständlich. Wenn es böse Überraschungen in der Pandemie gibt, kann sich jedes Szenario schnell als falsch erweisen. Wer konkrete Zahlen nennt, macht sich umso angreifbarer.

Aber die Koalition sichert sich hier ihren Spielraum, um mögliche Fehler zu kaschieren, auf Kosten jeder Planbarkeit für Bürger und Unternehmer. Mehr noch: Bei Bürgern wie Unternehmern kommt es zu dramatischen Eingriffen in die Grundrechte – Stichwort Ausgangssperren und Geschäftsschließungen. Umso notwendiger wäre eine transparente Vorgehensweise. Das würde es vermutlich manchen Beobachtern leichter machen, die Regierung zu verteidigen, wenn sich die eine oder andere Prognose als falsch erweisen sollte. (András Szigetvari, 30.11.2020)