Schummriges Licht, Discokugel an der Decke und jede Menge Desinfektionsmittel: Die Angelobung der Simmeringer Bezirskräte ging Corona-bedingt ungewöhnlich über die Bühne. Nicht im Amtshaus, sondern unweit davon in der Simm-City kam das Bezirksparlament am Montag zusammen.

Von Blau zurück zu Rot

Interessant war der Termin aus zwei Gründen: Erstens hatte die FPÖ in Simmering bei der Wahl am 11. Oktober ihren einzigen Bezirksvorsteher verloren. Paul Stadler, der bereits seit 1991 im Bezirksrat saß, die letzten fünf Jahre als Vorsteher, gab das Zepter zurück an die SPÖ. Seinem Nachfolger Thomas Steinhart brachte der Freiheitliche den Schlüssel zu seinem Büro "extra mit rotem Schlüsselband. Weil i hob eam immer gsuacht, den Schlüssel", sagte Stadler, der sich aus der Politik zurückzieht. "Aber so leicht werdet ihr mich nicht los", merkte er an. Seine Homepage und die Facebook-Seite wolle er weiter betreiben und mit Simmeringern in Kontakt bleiben.

Paul Stadler (FPÖ) übergibt den Schlüssel an Thomas Steinhart von der SPÖ – der Bürgermeister freut sich.
Foto: Christian Fischer

Viele Kameras waren am Montagabend aber auch vor Ort, weil Marco Pogo – im echten Leben Dominik Wlazny –, Gründer und Spitzenkandidat der Bierpartei, angelobt wurde. Elf Mandatare seiner Partei schafften es in die Wiener Bezirksparlamente, Wlazny arbeitet die kommenden fünf Jahre in seinem Heimatbezirk.

Auch der Bürgermeister ist da

Auch die anderen Bezirkspolitiker und den Bürgermeister interessiert das, jedenfalls begrüßen den Neo-Politiker viele. Michael Ludwig (SPÖ) ist bei der Angelobung in allen Bezirken dabei. "Stilecht mit Bier" ruft er Wlazny zu, als er den großen Veranstaltungssaal betritt, Wlazny prostet ihm zu. Der Musiker, der auch ausgebildeter Arzt ist, hat seine Band Turbobier getauft, vertreibt aber auch ein gleichnamiges Bier. Für die Angelobung hat er ein paar Flaschen dabei.

Die Mandatare erheben sich für die Gelöbnisformel, Dominik Wlazny ist nun Bezirksrat – ansonsten waren die Masken in der Simm-City oben, zwischen den Sesseln war gut ein Meter Platz.
Foto: Christian Fischer

"Klar kennen wir ihn", sagen zwei Mitarbeiter der Veranstaltungshalle. Hier sei Wlazny zwar nie aufgetreten, aber im Gasometer, das vom gleichen Team gemanagt wird. Wie es ist, den Musiker plötzlich als Politiker anzutreffen? "Da ändert sich nicht viel, sein Schmäh ist ja der gleiche." Den beiden sei nur eines wichtig: "Dass wir bald wieder aufsperren können. Wir sind ja heute auch hier, damit wir endlich einmal wieder die Scheinwerfer leuchten sehen."

Patti Smith in Simmering

Aufgrund seines Hintergrunds als Musiker unterstrich Wlazny im Wahlkampf, dass ihm die Kunst- und Kulturbranche ein besonderes Anliegen in seiner politischen Arbeit sein werde. Inhaltlich wurde es am Montagabend in der Simm-City noch nicht, Wlazny will aber schon bald Anträge einbringen, auch wenn er ein Einzelkämpfer im Bezirksparlament sein wird.

Das betonte er auch bei seiner Antrittsrede: Er wolle unvoreingenommen und auf Augenhöhe mit allen zusammenarbeiten, gleich welche Partei, denn es gelte, "gute Projekte für Simmering" umzusetzen. Es sei eine "unfassbare Ehre, im wahrscheinlich schönsten Bezirk der Welt" Bezirksrat zu sein, meinte der Parteigründer. Als "glühender Demokrat" freue er sich besonders, dass er als Vertreter hier stehen könne – ohne großen Parteiapparat oder Geldgeber im Hintergrund. "Da zitiere ich Patti Smith – 'the people have the power'".

Wie es um die Kultur in Wien steht und warum er lieber Politiker als Mediziner ist, erzählte Marco Pogo im Oktober im Interview mit Verena Mischitz.
DER STANDARD

Bezirksparlament ohne Strache

Auch einen dritten Grund für reges Medieninteresse hätte es am Montagabend geben können. Heinz-Christian Strache trat sein Mandat im Bezirk allerdings nicht an – wie auch in allen anderen Bezirken, in denen das Team Strache Mandatare stellt. Statt ihm wird in Simmering Klaus Handler, früherer FPÖ-Gemeinderat, im Bezirksrat sitzen. (Lara Hagen, 1.12.2020)