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Trump-Anwalt Joe di Genova machte seine Gewaltfantasien öffentlich. Sie galten Chris Krebs (Bild), dem Ex-Leiter der Abteilung für Cybersicherheit im US-Heimatschutzministerium.

Foto: Reuters / Jonathan Ernst

"Der Typ ist ein Vollidiot erster Güte. Er sollte durch Zerren gevierteilt werden, man sollte ihn in der Dämmerung nach draußen führen und erschießen": Joe di Genova, Anwalt von Donald Trump, der den US-Präsidenten in Sachen angeblicher Wahlfälschung vertritt, hielt sich in der rechten Talkradio-Sendung "Howie Carr Show" mit seinen Gewaltfantasien nicht zurück. Bezogen waren die Worte auf Chris Krebs, jenen Chef der US-Cybersicherheitsbehörde, der Mitte November Berichte über angebliche Wahlfälschungen zurückgewiesen hatte.

Krebs war daraufhin von Trump, der noch immer ohne Beweise von Wahlbetrug spricht, gefeuert worden. Auch wenn di Genova seine Nennung mittelalterlicher Foltermethoden nicht wörtlich gemeint haben sollte – Krebs ist nicht der Einzige, der in letzter Zeit mit Gewalt bedroht wird, weil er dem Präsidenten widerspricht oder Ergebnisse verteidigt, die Trump nicht als Sieger sehen.

Köpfen und vor Weißen Haus ausstellen

Die meiste Aufmerksamkeit hatte der einstige Chefstrategie und "Breitbart"-Chef Steve Bannon auf sich gezogen. Er hatte vor der Wahl gefordert, den Seuchenexperten Anthony Fauci zu enthaupten und dessen abgetrennten Kopf auf einem Pfahl vor dem Weißen Haus aufzustellen. Gleiches solle man mit dem FBI-Chef Christopher Wray machen, der vor der Wahl nicht, wie von Trump gefordert, strafrechtliche Ermittlungen gegen den Sohn Joe Bidens, Hunter Biden, eingeleitet hatte. Hunter Biden war im Zentrum einer Verschwörungstheorie um angeblich aufgetauchte E-Mails gestanden, mit denen Trump seinem Konkurrenten im Wahlkampffinish schaden wollte. Bannons Twitter-Account wurde nach den Äußerungen gesperrt, Fauci sagte zur Causa, derartige Aussagen seien "nicht das, was man sich erwartet, wenn man die medizinische Ausbildung angeht".

Zahlreiche Wahlbeamte haben wegen weiterer Gewaltdrohungen derzeit Personenschutz beantragt. Mit mehreren von ihnen sprach am Wochenende die "New York Times". Darunter ist etwa der republikanische Secretary of State (in etwa mit einem Innenminister zu vergleichen) des Bundesstaats Georgia. Brad Raffensperger hatte nach eigenen Angaben bei der Wahl im November selbst Trump gewählt. Berichten über Fälschungen, die Trump verbreitete, trat er später aber entgegen. Joe Biden gewann in dem Bundesstaat mit etwa 10.000 Stimmen, wie mittlerweile zwei Neuauszählungen bestätigten. Raffensperger hatte republikanische Wünsche, die Wahl in Richtung Trump zu drehen, zurückgewiesen. Senator Lindsey Graham aus South Carolina hatte bei ihm unter anderem nachgefragt, ob er nicht auch gültige Briefwahlstimmen (diese sind mehrheitlich demokratisch) für ungültig erklären könne. Raffensperger und seine Familie stehen wegen zahlreichen Drohungen mittlerweile unter dem Schutz der Polizei. Trump griff ihn dessen ungeachtet weiter an, zuletzt am Montag via Twitter.

Drohungen gegen Wahlhelfer

Drohungen hatte es unter anderem auch gegen Raffenspergers demokratische Kolleginnen und Kollegen in den Staaten Pennsylvania und Michigan sowie in Nevada und Arizona gegeben. Auch der Wahlleiter im größten Bezirk Nevadas, Clark County, berichtete von Gewaltankündigungen. Joe Gloria sagte, diese hätten nicht nur ihm, sondern auch seiner Familie gegolten. Auch zahlreiche Wahlhelferinnen und Wahlhelfer, die an den Auszählungen beteiligt waren, sprechen von Einschüchterung. In Arizona hatten etwa nach dem Votum Anfang November Mitglieder einer rechtsradikalen Miliz direkt vor der größten Auszählstelle demonstriert und Einlass gefordert. Weil in Arizona das offene Tragen von Waffen erlaubt ist, trugen viele von ihnen unter anderem Pistolen im Halfter um ihre Hüften.

Dass aus solchen Worten durchaus auch Taten werden können, zeigte sich im Oktober in Michigan. Da wurden vom FBI Mitglieder einer rechten Miliz verhaftet, die wegen der Corona-Einschränkungen einen Putsch gegen die demokratische Gouverneurin Gretchen Whitmer geplant hatten. Sie wollten laut der Anklage eine Bombe zünden, Whitmer und hohe Regierungsbeamte "festnehmen" und diese nach einem Schauprozess hinrichten. Trump hatte auch nach Bekanntwerden dieses Plans im Wahlkampf noch "Lock her up!"-Rufe seiner Anhänger gegen Whitmer angefeuert. (Manuel Escher, 1.12.2020)