Aktivkohle ist in der Herstellung derzeit nicht umweltfreundlich, in Zukunft könnte sich das deutlich bessern.

Foto: MCI / Koller, Angela Hofmann

Bei Endverbrauchern ist Aktivkohle vor allem in ihrer medizinischen Anwendung bekannt. Bei Durchfall oder Vergiftungen werden kleine, schwarze Kohletabletten verabreicht, die im Verdauungstrakt Bakterien und Giftstoffe binden.

Die Bandbreite an Anwendungen ist aber viel größer. Das Adsorptionspotenzial der Aktivkohle, also ihre Fähigkeit, Stoffe aus Flüssigkeiten oder Gasen an ihrer Oberfläche zu binden, ist vor allem in der Abwasser- und Abluftreinigung gefragt.

Aktivkohle kann in Kläranlagen Medikamentenrückstände oder hormonelle Substanzen abscheiden, reinigt das Rauchgas in Verbrennungsanlagen und ist sogar Teil von Gasmasken. Nebenher wird sie noch in der Kosmetik oder als Lebensmittelfarbe eingesetzt.

Hoher Bedarf

Gerade in Kläranlagen ist der Bedarf besonders hoch. Hier wäre es sinnvoll, wenn der lokale Bedarf einer Gemeinde auch jeweils aus einer lokalen Produktion gedeckt werden könnte, die auch ökologischen Gesichtspunkten entspricht. Das ist ein zentraler Gedanke eines neuen Josef-Ressel-Zentrums zur Produktion von Pulveraktivkohle, das vor kurzem am Management Center Innsbruck (MCI) eröffnet wurde.

Ein Forscherteam um Angela Hofmann, FH-Professorin für Verfahrens- und Energietechnik, kümmert sich mit vier Wirtschaftspartnern um das Thema. Ressel-Zentren werden von der Doppler-Gesellschaft eingerichtet, die Finanzierung kommt vom Wirtschaftsministerium und den Firmenpartnern.

Aktuell ist die Herkunft der Aktivkohle alles andere als umweltschonend. "Der Weltmarkt wird von Anbietern in Ostasien dominiert. Die Gewinnung erfolgt aus fossiler Steinkohle", erklärt Hofmann. Die Idee ist nun, die Aktivkohle in Holzgaskraftwerken herzustellen – als Nebenprodukt der lokalen Energieproduktion. Damit würde der Stoff aus kommunalen Alt- und Resthölzern gewonnen, was Abhängigkeiten reduzierte und die CO2-Bilanz der Gemeinden verbesserte.

Holzreste

Pulveraktivkohle ist Kohlenstoff in Form kleinster Partikel. Durch ihre poröse Struktur verfügen diese über eine sehr große Oberfläche – etwa 1000 Quadratmeter pro Gramm. Diese Struktur entsteht durch gezielte thermische Behandlung bei Temperaturen von bis zu 900 Grad Celsius nach einer chemischen Vorbereitung der Oberfläche.

In Holzgaskraftwerken werden Holzreste bei hohen Temperaturen Wasserdampf und nur geringe Mengen an Sauerstoff zugeführt, wodurch ein Prozessgas mit Anteilen von Methan, Wasserstoff oder Kohlenmonoxid entsteht, das energetisch weiterverwertet wird. Auch hier fällt ein Kohlerest an.

"Fünf bis zehn Prozent der Ausgangsmasse bleiben zumeist als stark kohlenstoffhaltiges Pulver im Reaktor zurück", schildert Hofmann. "Die Oberfläche der Partikel liegt hier aber nur bei 100 bis 400 Quadratmetern pro Gramm." In dieser Form wird die Pulverkohle etwa für die Verbesserung von Agrarböden eingesetzt.

Oberfläche vergrößern

Um daraus Pulveraktivkohle zu machen, muss also die Oberfläche der Partikel stark vergrößert werden. Hofmann und ihr Team untersuchen zum einen, ob die Parameter des Vergasungsprozesses so abgeändert werden könnten, dass der gewünschte Reststoff entsteht.

"Man müsste also Temperaturen, Reaktordesign und die Art der Einbringung des Vergasungsmediums verändern, um das Ziel zu erreichen", erklärt die Forscherin. Zum anderen könnte aber auch nach der Vergasung ein zweiter Reaktorprozess aufgesetzt werden, der aus den Rückständen Aktivkohle macht.

Ein weiterer Schwerpunkt des Ressel-Zentrums liegt in einer Nachbehandlung der Aktivkohle, um sie auf ihre jeweiligen Anwendungen vorzubereiten. Im Zuge einer chemischen Imprägnierung könnte die wasserabstoßende Oberfläche der Partikel hydrophiler gemacht werden, sodass sie sich besser mit Wasser vermischen lassen und gelöste Stoffe adsorbieren können, erläutert Hofmann. Zudem soll die Aktivkohle auf die Aufnahme von Schwermetallen und Fungiziden optimiert werden.

Ein großer Vorteil des Ansatzes ist, dass Holzgaskraftwerke flexibler einsetzbar werden. "Man erreicht dadurch eine gewisse Prozessvariabilität", sagt Hofmann. "Entsprechend dem Bedarf könnte man im Winter den Energieoutput maximieren, im Sommer dagegen die Wärme- oder Stromgewinnung zugunsten der Aktivkohleproduktion zurückfahren." (Alois Pumhösel, 5.12.2020)