Der Tuberkelhokko, ein mittlerweile seltener Hühnervogel, tappt immer wieder in eine der Fotofallen rund um La Gamba. Ein gutes Zeichen – er dürfte zurückgekehrt sein.

Foto: Simon Kastner

Für ihr Wachstum nehmen Bäume Kohlenstoff in Form von Kohlendioxid aus der Luft auf und speichern ihn in Form von Holz. Auf diese Weise tragen sie zur Reduktion der Treibhausgase bei. Allerdings wird das Kohlendioxid nach ihrem Absterben bei ihrer Zersetzung wieder frei, weshalb sich in alten Wäldern Aufnahme und Abgabe von CO2 in etwa die Waage halten. In jungen Wäldern jedoch, die noch an Biomasse zulegen, wird tatsächlich eine beachtliche Menge an Kohlenstoff gebunden, wie österreichische Forscher in Costa Rica zeigen konnten.

Im Rahmen von Masterarbeiten erhoben Innsbrucker und Wiener Wissenschafter unter der Leitung von Peter Hietz vom Institut für Botanik der Universität für Bodenkultur in der Umgebung der zur Universität Wien gehörenden Forschungsstation La Gamba in Costa Rica unter anderem den Zuwachs von Biomasse – und damit die Kohlenstoffspeicherung – in mehr oder weniger jungen Wäldern.

Rund die Hälfte der tropischen Regenwälder weltweit sind sogenannte Sekundärwälder, also Wälder, die auf Arealen entstehen, auf denen der ursprüngliche Wald für die Holzgewinnung geschlägert oder das Areal im Anschluss landwirtschaftlich genutzt wurde.

Alter der Regenwälder

Auf Basis von Luftbildern aus den letzten 60 Jahren bestimmten die Forscher das Alter der Regenwälder um die Forschungsstation. Dann erhoben sie in zwölf Wäldern, die zwischen fünf und 55 Jahre alt waren, auf jeweils 500 Quadratmetern die Zusammensetzung und Vielfalt der Baumarten sowie deren Zuwachs an Biomasse.

Wie sich dabei herausstellte, regenerieren sich die Wälder in dem regenreichen Gebiet erfreulich schnell: Auf einigen Versuchsflächen erreichten sie innerhalb von 20 Jahren gut die Hälfte der CO2-Speicher-Kapazität von alten Wäldern. "Das heißt, dass pro Hektar Jungwald jährlich circa 14 Tonnen CO2 gebunden werden", wie Hietz ausführt.

Die Regeneration des Waldes hängt vom Boden und auch der Vornutzung ab, haben die Forscher herausgefunden.
Foto: Universität Wien

Auch die Zahl der Baumarten nahm auf den Untersuchungsflächen kontinuierlich zu, allerdings weniger schnell: Nach 20 Jahren hatte sie immerhin ein knappes Drittel von alten Wäldern erreicht. Wie schnell sich die Wälder regenerieren, hängt aber auch davon ab, wie die jeweiligen Flächen vor ihrer Wiederbewaldung genutzt wurden.

So erfolgte der Zuwachs an Biomasse auf reinen Rodungsflächen anfangs schneller als auf ehemaligen Weiden, auf Letzteren gab es dafür mehr verschiedene Baumarten. "Mithilfe dieser Untersuchungen können wir Umweltfaktoren identifizieren, die eine schnellere Wiederbewaldung begünstigen, und entsprechende Managementmaßnahmen setzen", erklärt Hietz. "Allerdings können Wälder auch im besten Fall nur einen geringen Teil der CO2-Emissionen aufnehmen – an einer Reduktion der Treibhausgase aus fossilen Brennstoffen führt kein Weg vorbei."

Lebensraum wird kleiner

In jedem Fall sind Regenwälder aber nicht nur CO2-Senken, sondern vor allem auch Lebensraum für zahlreiche Pflanzen- und Tierarten. Seit Jahrzehnten wird er kleiner, durch menschliche Aktivitäten wie Rodungen, landwirtschaftliche Nutzung und Bergbau.

Eine Gegenmaßnahme ist die Schaffung von biologischen Korridoren, also von Verbindungen zwischen zerstückelten Habitaten wie eben Regenwäldern. Die Korridore ermöglichen nicht nur den Austausch zwischen Populationen, sondern stellen auch selbst wertvolle Lebensräume dar.

Im Rahmen des von der costa-ricanischen Regierung unterstützten Projekts "Amistosa", bei dem fragmentierte Waldflächen durch die Schaffung neuer Wälder wieder verbunden werden sollen, läuft seit 2006 an der Tropenstation La Gamba ein solches Korridorprojekt: Unter dem Namen "Cobiga" (Corredor Biológico La Gamba, biologischer Korridor La Gamba) und unter der Leitung von Anton Weissenhofer vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien soll der Nationalpark Piedras Blancas, zu dem auch der "Regenwald der Österreicher" gehört, mit dem nördlich davon liegenden Bergregenwald entlang der Fila Cal verbunden werden.

Video: Der Biologische Korridor La Gamba COBIGA.
Tropenstation La Gamba

Dafür werden passende Areale angekauft und je nach Bodenverhältnissen entweder aktiv bepflanzt oder sich selbst überlassen, um ihnen die Möglichkeit der Selbstregeneration zu geben. Seit 2006 wurden insgesamt 80 Hektar ehemaliger Weideflächen mit 60.000 Bäumen aus 200 verschiedenen Arten bepflanzt.

Die Cobiga-Korridore bestehen aber nicht nur aus Wald, sondern beinhalten auch Kulturland – ein Plus, wie La-Gamba-Mitbegründer Weissenhofer betont: "Der Mensch ist ein Teil des Ganzen, und als solcher muss er einbezogen und für den achtsamen Umgang mit der Natur sensibilisiert werden." In diesem Sinne arbeiten die Wissenschafter auch daran, lokale Bauern für nachhaltige Forstwirtschaft zu gewinnen.

Keine Alternative

Dabei räumten viele Leute Weissenhofers Cobiga-Idee im Jahr 2006 keine großen Chancen ein, denn die Palmölindustrie war damals ebenfalls an Flächenerwerb interessiert und war deutlich zahlungskräftiger. "Wir hatten keine Alternative – darum haben wir es trotzdem gemacht", erzählt er.

Der Erfolg gab ihm und den Mitarbeitern von La Gamba recht: Mittlerweile sind Ölpalmplantagen viel weniger wert als noch vor wenigen Jahren, die Korridore jedoch gewinnen an ökologischer Bedeutung: Auf den Fotofallen um La Gamba tauchen immer wieder Großkatzen auf, die vor 30 Jahren praktisch verschwunden waren, wie der Jaguar, das Jaguarundi und der Ozelot.

Ebenfalls zurückgekehrt sind unter anderem die Agutis, mit den Stachelschweinen verwandte Nager, und der gefährdete Tuberkelhokko, ein Hühnervogel, der sich zu einer Art Wappentier der Station entwickelt hat.

"Manche Entwicklungen sind sehr kurzlebig", meint Weissenhofer, "unser Vorteil ist, dass wir zeitlich nicht begrenzt sind. Wir forschen, monitoren und korrigieren im Bedarfsfall. Und das machen wir nicht nur ein paar Jahre, sondern die ganze Zeit." (Susanne Strnadl, 7.12.2020)