Kein unbeschwerter Pistenspaß, auch nicht in Südtirol: Über die Feiertage sollen die Lifte ruhen.
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Luca Zaia redet nicht lange um den heißen Brei herum: "Es kann doch nicht sein, dass man in unseren Nachbarländern Ski fahren darf und bei uns nicht. Das wäre eine gigantische Verarschung", betont der populäre populistische Präsident der nordostitalienischen Region Venetien seit Tagen bei jeder Gelegenheit. Es sei ja wohl "absurd", wenn der Skisport in den Dolomiten, im Aosta-Tal und in Südtirol verboten werde, während er im benachbarten Engadin, Wallis, in Tirol, in Kärnten und in Slowenien erlaubt sei. Wenn schon, dann müssten die Skigebiete europaweit geschlossen werden. Sonst werde das Coronavirus nach erlebtem Winterspaß ganz einfach von denjenigen Italienern importiert, die zum Skifahren ins Ausland ausweichen.

Eine einheitliche europäische Regelung bezüglich der Schließung der Skigebiete hatte zunächst auch Regierungschef Giuseppe Conte angestrebt – und dabei Unterstützung von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel erhalten. Nur: Insbesondere die Schweiz und Österreich wollten von einer solchen Regelung nichts hören. Man entscheide selbst, ob man die Skigebiete öffnet, ließ Bundeskanzler Sebastian Kurz die Skimuffel in Rom, München und Berlin wissen. Brüssel habe diesbezüglich keinerlei Kompetenzen. Die Antwort des Nicht-EU-Mitgliedslands Schweiz wiederum besteht darin, dass die bereits geöffneten helvetischen Skigebiete italienische Touristen umgarnen: "Die Schweiz fährt Ski. Aber sicher!", heißt es etwa in einer Werbekampagne, die sich auch an Gäste aus dem Ausland richtet.

Grenzschließungen als "Ultima Ratio"

Diesen – aus italienischer Sicht – unlauteren Wettbewerb um Feriengäste will sich Premier Conte nicht einfach so gefallen lassen. Wie italienische Medien am Dienstag übereinstimmend berichteten, will die Regierung eine ab dem 20. Dezember geltende Quarantänepflicht für Reisende aus der Schweiz, Österreich und Slowenien einführen. Die Regelung gelte natürlich auch für italienische Touristen, die aus diesen Nachbarländern zurückkehren. "Dies würde ganz sicher viele Bürgerinnen und Bürger von einem Skiurlaub im Ausland abhalten", betonte Fabio Ciciliano vom wissenschaftlichen Covid-Beirat der römischen Regierung im "Corriere della Sera". Höchstens als "Ultima Ratio" ins Auge gefasst wird dagegen eine Schließung der Grenzen, wie sie Liguriens Präsident Giovanni Toti am Montag vorgeschlagen hatte.

Die Quarantänepflicht für Rückkehrer aus den schweizerischen und österreichischen Alpen ist noch nicht offiziell beschlossen. Eine Entscheidung wird in diesen Tagen erwartet, wenn das neue Regierungsdekret verabschiedet wird, in welchem die neuen, ab dem 4. Dezember geltenden Maßnahmen festgelegt werden.

Italiens Gesundheitsminister Roberto Speranza hat aber vorsorglich einmal mehr bestätigt, dass an der Schließung der Skigebiete über die gesamten Festtage nicht gerüttelt werde. "Das Problem sind nicht die Skipisten, sondern das soziale Drum und Dran", betonte Speranza. Erste Lockerungen könnten frühestens am 15. Jänner erfolgen, "wenn die Infektionszahlen dies zulassen", betonte Speranza.

Rom bleibt bei hartem Kurs

Italien, das nach dem Desaster der ersten Covid-Welle auch von der zweiten Welle mit voller Wucht erfasst wurde, registriert wie die meisten anderen europäischen Länder zwar inzwischen wieder sinkende Fallzahlen. Dennoch verfolgt die Regierung Conte bezüglich der Eindämmung der Pandemie weiterhin eine harte Linie und will die bestehenden Maßnahmen im Hinblick auf die Festtage sogar eher verschärfen als lockern.

Das betrifft nicht nur die Skigebiete, sondern auch das Hotel- und Gastgewerbe ganz allgemein sowie die Mobilität zwischen der Regionen, die über die Festtage drastisch eingeschränkt werden dürfte. "Für den Wintertourismus wäre das verheerend: Die Regelungen würden massive Einbußen bedeuten und viele Arbeitsplätze langfristig gefährden", entgegnete darauf der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP), der mit dem Kurs Roms nicht einverstanden ist, aber im Gegensatz zu Zaia als eher gemäßigter Vermittler zwischen Politik und Wirtschaft gilt. (Dominik Straub, 1.12.2020)