Nicht nur die Geburtsfehler machen die Onlineplattform "Kaufhaus Österreich" interessant, sondern auch die Rhetorik, mit der das Projekt vonseiten der Regierung begleitet wird. Motto der Kommunikation: Kauf lieber im Inland und nicht im Ausland. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck etwa beklagt, dass pro Jahr acht Milliarden Euro Umsatz im Onlinehandel in Österreich gemacht werden. Aber bloß ein Prozent komme heimischen Betrieben zugute. Sie fordert einen "Schulterschluss" für mehr regionalen Konsum.

Diese Argumente verstärken Debatten in anderen Bereichen. Landwirte fordern, assistiert von Supermärkten, mehr heimische Produkte zu kaufen. Beklagt wird generell nicht nur der Abfluss von Umsätzen ins Ausland, sondern auch der Verlust von Steuereinnahmen. Das kommt an: Laut einer Umfrage von Unique Research wollen 70 Prozent der Österreicher, dass Digitalkonzerne wie Amazon die Kosten der Krise tragen.

Samstagseinkauf in der Kärntnerstraße in der Wiener Innenstadt vor dem zweiten Lockdown.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Nun sind PR-Aktionen für heimische Produkte legitim, und Amazon zahlt wie Facebook oder Google tatsächlich kaum Steuern auf Gewinne. Mitleid ist also nicht nötig. Doch in vielen Debatten schwingt der Tenor mit, Österreich würde vom Ausland übervorteilt werden: Wir verlieren Steuergeld. Wir verlieren Umsätze. Wir verlieren Jobs. Das ist unsinnig.

Internationale Regeln

Tatsächlich ist Österreich ein großer Profiteur der globalisierten Wirtschaft. Die Hälfte der Wertschöpfung wird im Ausland erwirtschaftet, weil heimische Produzenten ihre Motoren und ihr Know-how weltweit verkaufen. In den umliegenden Ländern Ungarn, Tschechien, Slowakei, aber auch Polen erzielen Supermarktketten wie Spar oder Bauunternehmen wie Porr und Strabag einen guten Teil ihrer Gewinne. Auch die Finanzindustrie lebt vom Ausland: Die Erste Group erwirtschaftete fast die Hälfte ihres Nettogewinns in Tschechien.

Die internationalen Regeln sorgen dafür, dass die im Ausland erwirtschafteten Gewinne meist im Inland versteuert werden. Ein heimischer Maschinenbauer, der Kräne nach Rumänien liefert, versteuert Gewinne nur in Österreich – es profitiert von denselben Regeln wie Amazon. Wenn Bankentöchter Dividenden nach Wien überweisen, werden diese, wenn, dann hier versteuert, obwohl sie im Ausland verdient wurden.

Das alles heißt nicht, dass am Status quo nicht Kritik geübt werden soll. Aber der mitunter selbstmitleidige Ton ist fehl am Platz. Österreich surft auf der Globalisierungswelle oben.(András Szigetvari, 2.12.2020)