Der Name The Game Bakers könnte bei Indie-Fans schweißnasse Hände hervorrufen. Denn ihr 2016er-Spiel "Furi" war ein bockschweres, dafür aber wunderbar zu spielendes Boss-Gemetzel von vorn bis hinten. Kein Kleinkram, keine unnötigen Ablenkung, einfach nur eins gegen eins mit einem scheinbar übermächtigen Gegner. Jetzt, vier Jahre später, bringt The Game Bakers mit "Haven" ein neues Indie-Spiel auf den Markt. Und keine Sorge, davor muss man keine Angst haben.

TheGameBakers Company

Interessanter Genremix

Yu und Kay, ein jugendliches Pärchen, fliehen aus einer mysteriösen Organisation, um in Freiheit zu leben. Auf der Flucht stranden sie auf einem ihnen unbekannten und zersplitterten Planeten. Das Schiff wird durch ein Erdbeben in Mitleidenschaft gezogen, also müssen die beiden den Planeten nach Materialien absuchen, um es wieder auf Vordermann zu bringen.

Das Design von "Haven" ist wunderschön, wenn man auf den Cel-Shading-Look steht.
Foto: The Game Bakers

"Haven" kann am besten als Rollenspiel mit Dating-Sim bezeichnet werden. Yu und Kay laufen auf ihren Streifzügen über die Splitterwelten immer wieder korrumpierten Tieren über den Weg, die in in Echtzeit ablaufenden, aber doch rundenbasierte Kämpfen (dazu weiter unten mehr) wieder zu Sinnen geprügelt werden müssen. Nach einem Beutezug geht es zurück zum Schiff, in dem man die Beziehung zwischen den beiden erforscht, festigt und durch simple Aktionen wie Kochen oder Reden voranbringt.

Was ist gelungen

Das Design ist wie schon bei "Furi" eine wirkliche Augenweide. Klar, auf den Cel-Shading-Look muss man stehen, aber die Welt von "Haven" ist fantastisch gezeichnet, die Farben strahlen bombastisch, und auch die Charaktermodelle sind nicht allzu over the top. Dazu ist alles detailverliebt verpackt. Schwebt man beispielsweise mit den beiden über den Planeten, halten sie sich nach ein paar Sekunden an den Händen.

Zwischen den Erkundungstouren und Kämpfen festigt man die Beziehung zwischen Yu und Kay.
Foto: The Game Bakers

Damit geht es auch direkt zum nächsten Punkt. Yu und Kay sind gut geschrieben, es macht Spaß, den beiden zuzuhören, wie sie über ihre Vergangenheit sprechen, ihre Flucht, ihr Miteinander. Hie und da rutscht es etwas in Fremdscham ab, vor allem dann, wenn sexuelle Anspielungen gemacht werden. Erstens: immer schwierig, das in Spielen seriös zu verpacken. Zweitens: Es sind halt immer noch Teenager, die man da spielt. Aber diese Momente sind selten.

Die Dialoge der beiden sind zum Großteil wirklich nett und humorvoll geschrieben.
Foto: The Game Bakers

The Game Bakers versteht es, den Spieler bei der Story-Stange zu halten und ihm nur stückweise Tipps zu geben, worauf das alles hinauslaufen könnte. Denn die Organisation, vor der die beiden flüchten, wird lange im Dunkeln gelassen. In der Welt findet man immer wieder bröckelnde Bauten, die auf eine längst vergessene Kolonisation hinweisen. Das motiviert, schließlich will man wissen, wovor Yu und Kay geflohen und wo sie hineingeraten sind.

Das Kampfsystem wirkt nicht sehr ausgereift und undurchsichtig.
Foto: The Game Bakers

Was ist nicht gelungen

Es ist wichtig, dass die Story motiviert. Denn das Gameplay schafft es nicht wirklich. Das Schweben mit den beiden macht schon Spaß, auch wenn die Steuerung präziser hätte sein können, aber die Kämpfe stören auf Dauer. Für einen Angriff muss man entweder das Digi-Pad oder die Aktionstasten verwenden. Dann heißt es, Knopf gedrückt halten, bis der Move aufgeladen ist, und loslassen. Klingt simpel, und das ist es auch, aber leider ist das Timing undurchsichtig. Während man also seinen Schlag auflädt, kann es sein, dass die Gegner, die oft sehr viel kürzer für eine Aktion brauchen, Yu oder Kay angreifen. Zwar gibt es eine Blockenfunktion, die muss aber ebenfalls aufgeladen werden. Man fragt sich also ständig, ob man jetzt angreifen soll oder nicht. Auf dem niedrigsten Schwierigkeitsgrad reicht es dann meist eh aus, einfach draufloszuhauen.

Das Schweben macht Spaß, auch wenn die Steuerung präziser hätte sein können.
Foto: The Game Bakers

Pluspunkt: Das alles lässt sich im Koop-Modus spielen. The Game Bakers empfiehlt auch, "Haven" mit Partnerin oder Partner zu spielen.

Fazit

"Haven" ist eine nette Indie-Koop-Romanze. Hardcore-Solo-Gamer könnten vom eintönigen und nicht sehr ausgereiften Kampfsystem gelangweilt werden. Pärchen, die nach einem Spiel suchen, das entspannt zu zweit auf der Couch gespielt werden kann, dürfen ruhig einmal reinschauen. Denn allzu kompliziert ist es nicht, und die Story motiviert dann doch, weitere Welten zu entdecken. (Thorben Pollerhof, 03.12.2020)