Jede Behörde macht Fehler, denn jeder Mensch macht Fehler, auch Sie und ich. Zu einem ernsten Problem werden Fehler dann, wenn es um Grundrechte geht, wenn die Fehlerquote zu hoch ist oder wenn wenig Bereitschaft besteht, aus Fehlern zu lernen. Kommen alle drei Faktoren zusammen, ist wohl vom BFA die Rede.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unter anderem zuständig für Asylverfahren. Stellt jemand in Österreich einen Asylantrag, prüft das BFA, ob Österreich überhaupt zuständig ist. Falls ja: Soll die Person aufgrund drohender Verfolgung aus politischen, religiösen, ethnischen Gründen et cetera Asyl erhalten? Oder aufgrund drohender Lebensgefahr oder Folter zumindest subsidiären Schutz? Soll sie aus besonderen Gründen – etwa wegen sehr guter Integration – eine Aufenthaltsberechtigung erhalten? Oder muss sie in ihren Herkunftsstaat zurückkehren?

Durchschnittlich etwa 40 Prozent der negativen Bescheide des BFA werden jedes Jahr durch das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) aufgehoben. Eine Schande, zumal es im schlimmsten Fall um Leben und Tod geht. In einer bestimmten Verfahrensart übertrifft sich das BFA jedoch selbst und erreicht den Rekordwert von 79 Prozent an Aufhebungen durch das BVwG: in sogenannten "Aberkennungsverfahren" unbescholtener Schutzberechtigter.

Das BFA erreicht einen Rekordwert an Aufhebungen.
Foto: Matthias Cremer/derstandard

Woher kommt die hohe Fehlerquote?

Aberkennungsverfahren betreffen Menschen, denen das BFA oder das BVwG zuvor rechtskräftig den Asylstatus oder subsidiären Schutz zuerkannt haben. Das heißt, es wurde bereits verbindlich festgestellt, dass ihnen asylrelevante Verfolgung, Folter oder der Tod droht. Zu einem späteren Zeitpunkt prüft das BFA aber, ob der zuerkannte Schutz wieder entzogen, also "aberkannt" werden kann. Anlass dafür sind zum Teil strafrechtliche Verurteilungen der anerkannten Flüchtlinge beziehungsweise subsidiär Schutzberechtigten. Aber auch bloße Anzeigen – die dann zurückgelegt werden oder zu einem Freispruch führen – bewirken Aberkennungsverfahren, ebenso wie Anträge auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigungen subsidiär Schutzberechtigter.

Kommt das BFA zum Schluss, die Person benötige nun keinen Schutz mehr oder müsse diesen aufgrund einer Verurteilung verlieren, dann wird der zuvor zuerkannte Schutz per Bescheid aberkannt. Diese Aberkennungsbescheide können die Betroffenen zum Glück vor dem BVwG bekämpfen, was im Fall der Unbescholtenen zu der skandalösen Quote von 79 Prozent an Aufhebungen durch das Gericht führt. Rechnet man die tatsächlich Straffälligen dazu, beträgt die Quote immer noch 62 Prozent.

Warum? Entweder weil das BFA schlicht behauptet, die Situation etwa in Afghanistan oder dem Irak habe sich deutlich verbessert, sodass die Betroffenen keinen Schutz mehr benötigen würden – wobei es sich oft nicht einmal die Mühe macht, die seinerzeit als Grund für die Schutzgewährung angenommene Situation mit der nun angeblich verbesserten Situation zu vergleichen. Oder weil es behauptet, die Betroffenen seien wegen besonders schwerer Verbrechen verurteilt worden – obwohl es sich oft nur um Bagatelldelikte handelt und sich das BFA die gesetzlich vorgeschriebene Gefährdungsprognose spart oder im Copy-Paste-Verfahren erstellt.

Steuergeldverschwendung

Was kostet uns diese Behördenwillkür? Alleine für die Gerichtsverfahren wegen der Flut rechtswidriger Bescheide zahlen wir seit Jänner 2019 etwa eine Million Euro an Steuergeldern. Und wer nach oft jahrelangen Asylverfahren endlich Schutz erhält und beginnt, sich ein neues Leben aufzubauen, den belastet ein rechtswidriger Aberkennungsbescheid in psychischer wie materieller Hinsicht enorm.

Im BFA arbeiten übrigens auch Menschen, die sich redlich bemühen, ihre Arbeit gewissenhaft zu erledigen. Diese müssen sich für jede positive Entscheidung, die sie treffen wollen, gegenüber ihren Vorgesetzten rechtfertigen. Negative Entscheidungen hebt ohnehin das Gericht auf. (Clemens Lahner, 10.12.2020)