"Sanitätswachpersonal" in Aktion bei einer Simulation für die Medien: Der Nasen-Rachen-Abstrich ist der unangenehme Teil am Test.

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Die Wiener Stadthalle wird zum Testzentrum umfunktioniert: Bis 13. Dezember steht sie ebenso wie die Messe Wien und die Marx-Halle von acht bis 18 Uhr offen.

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Testteams in abgetrennten Abteilen warten auf Kundschaft: Am Donnerstag wird bereits Personal getestet, am Freitag geht es für die breite Masse los.

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Viel Feldgrün in der Halle: Das Bundesheer wickelt die Schnelltests ab.

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Die Vorführung läuft zackig ab. "Datenerfasser", ruft der Präsentator, da springen auch schon zwei Mann von ihren Sitzen auf. Fünf weitere Personen verharren starr wie die Ölgötzen, in Erwartung weiterer Befehle. "Nun wird der Proband aufgefordert, sich die Nase zu reinigen", setzt der Kommandant fort, "auf gut Österreichisch: sich zu schnäuzen."

Man merkt: Das Bundesheer spielt eine tragende Rolle bei jenem Kraftakt, für den sich die Republik rüstet. In der Hauptstadt Wien starten die Corona-Massentests bereits am Freitag, zum Probelauf am Tag davor in der Wiener Stadthalle hat sich Politprominenz eingefunden. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) überbieten sich gegenseitig mit Lob für Armee, Rettung und Polizei, selbst SPÖ-Mann Peter Hacker, der über die vom Kanzler angestoßene Aktion gelästert hatte, zeigt sich begeistert. Eine "organisatorische und logistische Meisterleistung" sei da gelungen, sagt Wiens Gesundheitsstadtrat und empfiehlt den Kameraleuten einen Blick von den Tribünen herunter: "Das sind beeindruckende Bilder."

Mit Staberln bewaffnete Soldaten

Aus der Froschperspektive des gewöhnlichen Bürgers, dem das Testangebot bis 13. Dezember täglich von acht bis 18 Uhr offensteht, startet der Parcours beim geordneten Anstellen auf dem Vorplatz. Mitzubringen sind die ausgedruckte Bestätigung der Onlineanmeldung, die E-Card und ein Lichtbildausweis. Jedermann erhält eine FFP2-Schutzmaske, ehe es in einem Einbahnsystem in die zentrale Halle D geht, wo in normalen Zeiten die großen Konzerte und Events stattfinden. Dort haben sich in mit Planen abgegrenzten Abteilen die mit grüner, blauer oder weißer Schutzkleidung adjustierten Testteams des Bundesheers postiert.

Nach der Datenerfassung und dem obligatorischen Gebrauch des Taschentuchs treten die mit der Vorbereitung der Testkits betrauten "Manipulatoren" und schließlich das "Sanitätswachpersonal" in Aktion. Soldaten in weißer Ganzkörpermontur schreiten zum unangenehmen Teil: Mit einem durch die Nase eingeführten Stäbchen nehmen sie einen Abstrich im Rachen vor. An der nächsten wird die Probe ausgewertet, der Besucher stellt sich an den Rand zum Warten. Nach 20 Minuten sollte die Prozedur schließlich zu Ende sein, wobei etwaige Wartezeiten beim Anstellen naturgemäß nicht abschätzbar sind: Der Besucher bekommt sein Ergebnis ausgehändigt.

Auf blauer Linie zum nächsten Test

Fällt dieses negativ aus, weist eine grüne Linie auf dem Boden den Weg hinaus aus der Halle. Wer positiv ist, muss hingegen der blauen Markierung zur nächsten Station folgen. Hier nehmen Mitarbeiter der Wiener Gesundheitsbehörde zur Kontrolle einen sogenannten PCR-Test ab: Das Ergebnis ist zuverlässiger als bei den Antigen-Schnelltests, wie sie das Bundesheer für die Masse durchführt. Ein neuerlicher Rachenabstrich ist nicht nötig, es reicht, mit einer Lösung zu gurgeln.

Der PCR-Test muss allerdings im Labor ausgewertet werden, bis zum Ergebnis dauert es zumindest 24 Stunden – die Betroffenen sollen telefonisch verständigt werden. Jeder, dessen Schnelltest positiv ausfällt, muss deshalb erst einmal ab sofort in zehntägige Heimquarantäne. Ist das PCR-Ergebnis negativ, ist die Quarantäne zu Ende. Bei einer Bestätigung hingegen müssen die vollen zehn Tage abgesessen werden.

Lücke in der Quarantäne

Doch die "Absonderung" hat eine Lücke: Positiv getestete Menschen dürfen und müssen wohl auch in vielen Fällen mit Bus, Bim oder U-Bahn nach Hause fahren. Minister Anschober hält das Ansteckungsrisiko dennoch für "überschaubar", zumal ja jeder eine besonders sichere FFP2-Maske ausgehändigt bekommen habe.

Doch wenn diese Masken so viel mehr Schutz bieten: Warum hat die Politik diese nicht schon viel früher breit ans Volk verteilt? Anschober argumentiert mit Beschaffungsproblemen in den ersten Monaten der Krise, Hacker nennt hingegen einen anderen Grund. Auf Dauer seien diese Masken derart unangenehm, dass sich die Frage der Verhältnismäßigkeit stelle, sagt er: Wenn Vorschriften zur Qual würden, hielten sich die Menschen immer weniger daran.

Warnung der Arbeiterkammer

"Man darf die Menschen in dieser Frage nicht allein lassen", sagt Arbeiterkammer-Direktor Christoph Klein und verlangt klare Empfehlungen. Außerdem müssten Menschen, die positiv getestet und/oder in Quarantäne geschickt werden, rasch und unbürokratisch eine schriftliche Bestätigung bekommen. Vielen Arbeitgebern reiche es nicht, wenn Bedienstete ihren Quarantäne-Bescheid nur telefonisch erhalten, zumal sie ohne vorgelegten Bescheid das Gehalt nicht refundiert bekommen, warnt Klein: So mancher Arbeitnehmer werde deshalb dazu gedrängt, trotz Infektionsverdachts in die Arbeit zu kommen oder für die Quarantäne Urlaub oder Zeitausgleich zu konsumieren. (Gerald John, 3.12.2020)