Foto: Tobias Müller

Der Wels und ich haben eine vorbelastete Geschichte. Vor ein paar Jahren habe ich versucht, einen sicher gut fünf Kilo schweren Welskopf auf einem Kugelgrill köstlich zu bekommen. Es war ein fischfettreiches, übel riechendes Debakel. Nachdem ich die vergangenen Monate am Neusiedler See verbracht habe, hatte ich reichlich Gelegenheit, mich ausgiebig mit ihm zu beschäftigen – und mich ein wenig in ihn zu verlieben.

Sein festes Fleisch, das, einmal gegart, in dicke saftige Flocken zerfällt, erinnert mich ein wenig an Kabeljau, und selbst sein eleganter Fischgeschmack geht fast als Meerestier-Aroma durch. Hinzu kommt noch, dass er im Rohzustand umwerfend aussieht mit seinem zarten, nun ja, welsrosa Schimmer.

Entsprechend eignet er sich wunderbar für jegliche Gerichte, die für festen, weißfleischigen Meeresfisch ersonnen wurden. Gedämpft und mit Sojasauce, Ingwer und Frühlingszwiebeln gewürzt, ergibt er einen wunderbaren Wels Teochew Style, im Bierteig gebacken macht er neben Chips eine hervorragende Figur. Seine Leber ist herrlich zart und schmeckt, etwa nach diesem Rezept zubereitet, ganz famos.

Foto: Tobias Müller

Am liebsten ist er mir momentan aber als Wels "in umido". Es ist eine unglaublich einfache, unglaublich gute Zubereitung, die in Neapel gern für Bacalao verwendet wird, eingesalzenen Kabeljau: Der Fisch wird erst mehliert und kurz in etwas Olivenöl gebraten. Dann werden in der gleichen Pfanne ein bisserl Knoblauch, eine Handvoll Kapern und/oder Oliven und einige Tomaten zu einer schnellen Sauce verkocht. In dieser Sauce darf er dann im Rohr ganz gemütlich fertigziehen.

Das Aufwand-zu-Wirkung-Verhältnis ist bei diesem Gericht enorm. Wenn man das Mehlieren und Braten weglässt (was ich regelmäßig tue), ist das Ganze in einer guten halben Stunde auf dem Tisch und schmeckt so aufregend, als hätte Nonna einen halben Tag daran gebastelt.

Wels in umido (für zwei)

Ich bevorzuge für "in umido" die dicken Rückenfilets des Welses, das Gericht funktioniert aber auch mit den dünneren Bauchlappen wunderbar (und auch die Filets eines 40 Kilo schweren Amur-Karpfens habe ich so höchst erfolgreich zubereitet). In Neapel werden im Winter gern frische Piennolo-Tomaten verkocht, die es in Wien etwa hier zu kaufen gibt. Wer keine hat oder wem sie zu teuer sind, kann aber auch problemlos zu Dosen- oder Flaschenware greifen.

Die Fischerei Schwarz in Oggau verkauft übrigens jeden Freitag- und Samstagvormittag fantastischen Wildfang-Wels (und seine Lebern!), Karpfen und Räucheraale zu einem fairen Preis. Ist einen Ausflug wert!

  • 400–500 g Wels, in zwei Stücke geschnitten
  • Salz
  • 1–2 Knoblauchzehen
  • Olivenöl
  • Eine gute Handvoll halbierte Piennolo-Tomaten (oder etwa 200 ml passierte Tomaten aus der Flasche oder Dose)
  • Chiliflocken nach Geschmack
  • 1 EL Kapern (am besten die kleinen aus dem Salz), je nach Größe eventuell gehackt
  • Schwarzer Pfeffer aus der Mühle

Backrohr auf 150 Grad vorheizen. Welsstücke auf beiden Seiten ordentlich salzen.

Knoblauch in dünne Scheiben schneiden. Kurz in ordentlich Olivenöl anbraten, Tomaten, Chili und Kapern zugeben und fünf bis zehn Minuten verkochen lassen.

Welsfilets in die Pfanne auf die Sauce geben, schwarzen Pfeffer darüber mahlen und im Rohr etwa 20 Minuten garen, bis der Wels durch ist und sich leicht zerteilen lässt.

Foto: Tobias Müller

Im Zweifel ein spitzes Messer in die Mitte stecken und dann die Spitze an die Lippen drücken: Wenn es mindestens angenehm warm ist, ist der Fisch gar.

Foto: Tobias Müller

Eventuell mit frisch gehacktem Petersil bestreuen und auf oder unter der Sauce mit Salat, gutem Weißbrot oder etwa Braterdäpfeln servieren.

Foto: Tobias Müller

(Tobias Müller, 6.12.2020)