Die neuen Mehrheitsverhältnisse bewirken zwar ein Patt in den Ausschüssen, die Verzögerung von Gesetzen bleibt aber möglich.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Bei der Sitzung des Bundesrats sind am Donnerstagvormittag zum Auftakt die neuen Mitglieder angelobt worden. Durch die Wiener Landtagswahl ergibt sich eine Mandatsverschiebung: SPÖ und FPÖ haben gemeinsam keine Mehrheit mehr im Bundesrat und brauchen für eine Verzögerung oder Beeinspruchung von Gesetzen künftig die Zustimmung des einzigen Neos-Mandatars Karl-Arthur Arlamovsky.

Ab sofort verfügt die ÖVP im Bundesrat über 25 Sitze, die SPÖ über 19, die FPÖ über elf, die Grünen über fünf und die Neos (erstmals) über einen Sitz. Die Regierungsfraktionen ÖVP und Grüne kommen damit gemeinsam auf 30 Bundesräte, die Oppositionsfraktionen SPÖ, FPÖ und Neos auf 31 – und können damit weiterhin Gesetze beeinspruchen oder verzögern.

Achtwöchige Verzögerung

Nicht mehr möglich ist es den Oppositionsfraktionen, Gesetze bereits in den Ausschüssen des Bundesrats zu verzögern und die jeweiligen Gesetzesmaterien über diesen Weg acht Wochen "liegen zu lassen", bevor sie dennoch in Kraft treten. Bisher verfügte die rot-blaue Opposition in den zuletzt 14-köpfigen Ausschüssen noch über eine Mehrheit von 8:6 gegenüber Türkis-Grün.

Mit den neuen Verhältnissen steht es nun 8:8 zwischen ÖVP und Grünen auf der einen und SPÖ und FPÖ auf der anderen Seite. Die Neos sind in den Ausschüssen aufgrund des fehlenden Fraktionsstatus nicht vertreten. Von den künftig 16 Mitgliedern der Ausschüsse entfallen sieben Sitze auf die ÖVP und einer auf die Grünen. Die SPÖ kommt auf fünf, die FPÖ auf drei.

Lahmgelegt sind die Ausschüsse durch das Patt laut Parlamentskorrespondenz aber nicht: Eine Bestimmung in der Geschäftsordnung des Bundesrats stellt sicher, dass Verhandlungsgegenstände auch dann auf die Tagesordnung der Plenarsitzung im Bundesrat kommen, wenn im Ausschuss weder eine Mehrheit für noch gegen einen Einspruch zustande kommt.

Im Plenum kann die Opposition aufgrund ihrer knappen Mehrheit dennoch eine Ablehnung erwirken, was ebenfalls eine achtwöchige Verzögerung des Inkrafttretens von Gesetzen bewirkt. Alternativ gibt es die Möglichkeit eines Einspruchs gegen im Nationalrat beschlossene Gesetzesmaterien. Das bewirkt, dass das Gesetz zurück an den Nationalrat geht; dort kann mit Mehrheit aber ein Beharrungsbeschluss gefällt werden. Diese zweite Möglichkeit bedeutet in der Regel eine kürzere Verzögerung als die schlichte Ablehnung.

Neuzugang

Neu als Bundesräte angelobt wurden Elisabeth Wolff (ÖVP), Elisabeth Kittl (Grüne), Karl-Arthur Arlamovsky (Neos) und Johannes Hübner (FPÖ). Letzterer war bereits mehrere Jahre Abgeordneter zum Nationalrat. Harald Himmer (ÖVP) feierte ein Comeback: Er war 2015 nach zwanzig Jahren Zugehörigkeit ausgeschieden. Neuerlich angelobt wurden die schon bisher im Bundesrat vertretenen Wiener SPÖ-Bundesräte Elisabeth Grimling, Daniela Gruber-Pruner, Korinna Schumann, Stefan Schennach und Wolfgang Beer sowie der Grüne Marco Schreuder. Ausgeschieden sind unter anderen die langjährige FPÖ-Fraktionsvorsitzende Monika Mühlwerth und Ex-Arbeiterkammer-Präsident Rudolf Kaske (SPÖ). (APA, 3.12.2020)